Mit "sechs Versuchen, dem eigenen Kind das Ende der Welt zu erklären", so Juror Michael Wiederstein, eröffnete die deutsche Autorin Leona Stahlmann den dritten und letzten Lesetag an diesem "literarischen Betriebsausflug". Manchem Juror war "dieses ganze vermeidbare Wunder" zu moralisierend, andere fanden den Text einfach kitschig. Michael Wiederstein, der die Autorin eingeladen hatte, wies auf die erschreckende Aktualität des Beitrags hin, den Klaus Kastberger hinterfragte: "Wie erzählt man das Ende der Welt?"

Ein apokalyptisches Szenario zeichnete mit dem Wiener Elias Hirschl (28) auch der jüngste und letzte Teilnehmer des Klagenfurter Wettlesens. In "Staublunge" thematisiert er ironisch Arbeitsbedingungen von einst (Kohleabbau) und morgen (Start-ups, New Economy). "Sprachlich funktioniert der Text sehr gut", lobte Brigitte Schwens-Harrant das Ergebnis, und Mara Delius stimmte ihr zu: "Der interessanteste Punkt des Textes ist die lakonische Sprache." Michael Wiederstein gefiel die "Zombiefilmästhetik", hielt die dystopischen Schilderungen "aber noch für untertrieben". Kastberger, der Hirschl eingeladen hatte, wies darauf hin, wie schnell der Text von den neuesten politischen Entwicklungen (Stichwort: Reaktivierung des Kohlebergbaus) eingeholt wurde.

Public Viewing im Lendhafen
Public Viewing im Lendhafen © JOHANNES PUCH

Als preiswürdig erscheint der deutsche Soziologe Juan S. Guse mit seinem Text "Im Falle des Druckabfalls". Darin wird ein bisher unbekanntes Volk entdeckt, das den Frankfurter Flughafen nachbaut. "Auch das ist ein Text über das Anthropozän", freute sich Klaus Kastberger. Nachsatz: "Grandios und nicht moralisierend!" Der Beitrag fand nahezu einhellige Zustimmung. Ganz sicher war sich die Jury aber nicht: "Ich glaube, dass sich der Herr Guse einen großen Spaß mit uns macht", mutmaßte Michael Wiederstein. Ambivalenter war die Beurteilung von Clemens Bruno Gatzmagas Text "Schulze" ausgefallen, auch wenn die "souveräne Erzählhaltung" (Wilke) und die "präzise, ruhige Schilderung" (Delius) gelobt wurden.

Und wer darf sich heute Hoffnungen auf einen Preis machen? Neben Juan S. Guse wohl der Rumänen-Deutsche Alexandru Bulucz, die Slowenin Ana Marwan, die Deutsche Eva Sichelschmidt, eventuell auch der Österreicher Elias Hirschl. Es wird jedenfalls spannend.