Ihre Musik strahlt oft Hoffnung und Optimismus aus. Wie schwer fiel es Ihnen, auch während dieser Pandemie positiv zu bleiben? Fanden Sie Trost in der Musik?
Zucchero: Der Anfang war hart. Wir standen unmittelbar vor Probenbeginn für eine sehr große, wahrscheinlich sogar die größte Tournee meiner Karriere. Wir wollten in Neuseeland starten, dann nach Australien und Südamerika und am Ende wieder nach Europa zurückkommen. Es war ziemlich deprimierend. Man kann aber sagen, ich habe einen Weg gefunden, die Zeit totzuschlagen: Ich habe einfach meinen Job gemacht, also Songs geschrieben und Platten aufgenommen.
Kennt ein Mensch, der sich mit Ihrer Musik beschäftigt, auch den Mann hinter den Liedern?
Ich bin meine Songs. Ich kann romantisch sein, sehr lieb. Aber gleichzeitig auch tough, ironisch und sarkastisch. Ich liebe eine gewisse Doppeldeutigkeit in meinen Liedern, um Raum für Interpretationen zu lassen. Ich denke, die Leute verstehen mich schon. Sie kommen ja auch zu meinen Konzerten. Für mich ist Ironie ein wesentlicher Teil meines Lebens. Einer meiner liebsten Autoren, Oscar Wilde, hat gesagt: "Das Leben ist zu wichtig, um es ernst zu nehmen."
Ihre Musik aber nehmen Sie ernst. Gibt es – vielleicht österreichische – Musiker, mit denen Sie zusammenarbeiten wollen?
Wer weiß? Alle Kollaborationen, die ich in der Vergangenheit gemacht habe, gab es nicht, weil ein Plattenlabel es wollte. Wenn ich oder auch der andere Musiker diese Zusammenarbeit nicht wirklich wollen, sehe ich keinen Grund, gemeinsam an Musik zu arbeiten. Alle bisherigen basierten auf Freundschaft, Respekt und Vertrauen. Wenn es sich nicht gut anfühlt, was ist dann der Sinn? Manchmal passieren die Dinge, ohne geplant zu sein, einfach spontan.
Können Sie ein solch spontanes Beispiel nennen?
Letztes Jahr war ich in meinem Haus in der Toskana und bekam einen Anruf von Sting, der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in der Toskana war. Er erzählte mir, dass er eine Melodie hätte, bei der er an mich dachte, weil sie sich für ihn sehr mediterran anfühlte. Dann fragte er mich, ob ich Lust hätte, den Text dafür zu schreiben. Mir gefiel die Melodie, und so entstand "September".
Für Ihr aktuelles Cover-Album "Discover" hatten Sie eine Liste mit 500 Songs, die Sie reduzieren mussten. Wie sind Sie an die Sache herangegangen?
Mit ungefähr 15 Jahren habe ich begonnen, mich intensiv mit Musik auseinanderzusetzen. Können Sie sich vorstellen, wie viel wunderbare Musik ich seit dieser Zeit gehört habe? Dann habe ich begonnen, Lieder in eine Liste zu schreiben. Viele hinzugefügt und auch viele wieder gestrichen, weil ich dachte, das wären keine, die zu mir passen, da ich sie nicht einzigartig genug machen könnte. Andere wurden bereits zu oft gecovert. Und dann gibt es Lieder, die ich einfach niemals angreifen würde. Etwa "Imagine" von John Lennon. Es ist ein fantastischer Song, aber wie kann man den noch besser machen? Da ist es sinnvoller, nicht zu viel zu riskieren. So ging das dahin. Durch Corona hatte ich dann die Zeit, das Album auch wirklich zusammenzustellen.
Haben Sie auch etwas über sich selbst entdeckt?
Ganz klar: Dass ich ohne die Musik nicht leben kann. Das Leben ohne Konzerte? Das geht für mich absolut nicht. Ich bin ein Gipsy, der nicht zu Hause bleiben kann. Ich mache meine Musik schon seit einer so langen Zeit und daher habe ich für mich festgestellt: Ich will ewig so weitermachen. Dabei geht es mir aber nicht nur um Erfolg. Nicht nur um die Charts. Oder darum, ob mein Gesicht auf Facebook zu sehen ist. Es geht um das Spielen von Livekonzerten vor Publikum. Das ist eindeutig die Zukunft für einen Künstler wie mich.
Daniela Winkler