Heimat“ war einmal ein liebliches, schönes Wort, gern gehört in „Heimatland“ und „Heimatlied“ und „Heimatkunde“, „positiv besetzt“, wie man heute sagen würde, bis es von autoritären, faschistischen Regimen vergewaltigt wurde, bis Blut von seinen Buchstaben tropfte, sodass man es für Jahrzehnte nicht mehr verwenden konnte, ohne sich verdächtig zu machen, mit den Rechtsreaktionären, wenn nicht Rechtsextremen zu sympathisieren, wenn nicht gar gemeinsame Sache zu machen. (Ich habe öfters dafür plädiert, die „Heimat“ in die Wortwäscherei zu bringen und philosophisch zu reinigen. „Säuberung“ wäre selbst ein kontaminiertes Wort).
Ein knappes Jahrhundert darauf findet nun im Nachbarland unseres Nachbarlands zum Entsetzen der Welt eine noch nicht dagewesene „Friedensmission“ statt: Es wird grosso modo „entnazifiziert“, also das Land von „Befreiern“ von „Nazis“ „befreit“, und man sollte meinen, die Befreiten atmen jetzt erleichtert auf, bejubeln ihre Befreier und winken ihnen fähnchenschwenkend am Straßenrand zu. Die dazugehörigen Bilder fehlen aber, und wenn sie nicht von der Propagandamaschinerie des dekadenten Westens zensiert und wegretuschiert worden sind, existieren sie nicht. Kurzum: „Befreiung“, „Entnazifizierung“, „Nazi“, „Friedensmission“ sind heute beliebige Begriffe, die rein gar nichts mehr bedeuten! Die russische Bestie hat sie vergewaltigt und diskreditiert, man sollte sie auf gar keinen Fall mehr verwenden. Bevor alles andere kaputtgemacht wird, wird die Sprache kaputt gemacht. Die Worte „Befreiung“, „Entnazifizierung“ oder „Friedensmission“ schauen heute so aus wie die Wohnblöcke in Mariupol. Die Prawda darf man im Prawdaland freilich nicht sagen. Bei den Kriegstreibern darf man zum Krieg nicht „Krieg“, bei den Massenmördern zum Massenmord nicht „Massenmord“ sagen, widrigenfalls: Fünfzehn Jahre Knast. Im Haus des Henkers spricht man nicht von Henken und Gehenkten…
In ohnmächtiger Wut wünsche ich den russischen Barbaren eine Friedensmission an den Hals, dass ihnen Hören und Sehen und Sprachdemolieren vergeht. Und ihren Führer sollte man für alle Fälle am Roten Platz inszenieren.
Egyd Gstättner