"Bei dem Maschansker bleibt kein Heller mir, kein anz'ger." Als Blitzdichter wurde Karl Farkas am Wiener Simpl in den 1920er-Jahren berühmt. Der große Farkas war ein begnadeter Reimkünstler, aber nicht nur das: Er war Regisseur, Autor, Schauspieler und er rettete die goldenen Jahre des österreichischen Kabaretts der 1920er- und 1930er-Jahre in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
Autor Georg Markus erzählt in seiner eben neue aufgelegten Biografie "Karl Farkas. Sein Humor. Seine Erfolge. Sein Leben" gekonnt detailreich und gut recherchiert vom Leben des Ausnahmetalents Farkas. Geboren am 28. Oktober 1893 als Sohn des jüdischen Schuhfabrikanten Moritz Farkas und seiner Gattin Franziska. In der Grünentorgasse 12 in Wien erwacht im jungen Farkas das Talent des Dichters, doch der strenge Vater darf davon nichts wissen. Sein erstes Theaterstück verkauft er als Mittelschüler dem Intimen Theater: "Wenn Frauen wollen" heißt das gute Stück, dass er dem dortigen Direktor im Jahr 1909 auf den Tisch knallt. Ab diesem Tag ist Farkas Autor, denn das Stück wird angenommen.
Sein Bruder Stefan, dem Vater Moritz, die künstlerische Karriere als Maler verbietet, nimmt sich mit nur 20 Jahren das Leben. Tief getroffen überschattet diese Tragödie die Familie Farkas. Karls Schauspieler-Karriere wird unter diesen Umständen geduldet. 1914 bricht der Erste Weltkrieg aus und Farkas geht als Freiwillig-Einjähriger an die Front, jeden Tag schreibt er seinen damaligen Liebe Valerie von Mertens einen Liebesbrief. Nach dem Krieg, die Beziehung zu von Mertens ging in die Brüche, wirkt der junge Schauspieler am Linzer Landestheater und wird zum Charakterdarsteller, spielt auch den Mephistopheles in Faust I. Auch Regie führt Farkas schon zu dieser Zeit.
Nach einer Station an der Neuen Wiener Bühne kommt Farkas über eine Zeitungsannonce in den Simpl, im Kellertheater werden Nachwuchskräfte gesucht. Als Blitzdichter wird er dort angestellt: Der Simpl war für ihn wie geschaffen. Dort, wo Roda Roda, Fritz Grünbaum und Hans Moser auftraten, wird auch Farkas zum ganz großen Star. Michael Niavarani, der das Vorwort des Buches verfasste, schreibt: "Der Farkas ist der Simpl." Ab Anfang der 1920er-Jahre begeisterte Farkas am Simpl. Er heiratete die Schauspielerin Anny Hán, die Hochzeit musste jedoch geheim bleiben: Farkas wohnte - obwohl schon berühmt - bei seinem Vater: Hán war keine Jüdin, sondern Katholikin. Farkas und Fritz Grünbaum wurden Partner, seine erste große Doppelconference - die spätere mit Ernst Waldbrunn sollte noch berühmte werden.
Georg Markus versteht es in dem Buch auch die dramatischen und grausamen Jahre der Nazi-Zeit zu beschreiben: Das Jahr 1938 ist ein Wendepunkt im Leben Farkas. Der Jude Farkas muss mehrmals um sein Leben fürchten, schließlich gelingt ihm allein die Ausreise nach Brünn, zwei Stunden nach seiner Ausreise steht die Gestapo vor seiner Tür. Farkas flüchtet weiter nach Paris, wo ihm auch seine Frau Anny mit dem schwer beeinträchtigtem Sohn Bobby nachfolgen kann. Die Familie überlebt die grausamen Jahre der Nazi-Herrschaft. Zu Fuß flüchtet Farkas über die Berge nach Spanien, weiter nach Portugal und in die USA. Getrennt von Frau und Kind, die in Frankreich bleiben und später wieder zurück in die Tschechoslowakei zu ihren Eltern reisen.
Farkas kehrt am 22. Juli 1946 nach Wien zurück: "Und wird wie ein König empfangen." Seine Anny, von der er sich zu ihrer Sicherheit hat scheiden lassen, heiratet er jetzt ein zweites Mal. Und dann passiert auch künstlerisch das, was er sich erhofft hatte: Die Rückkehr an den Simpl, dieses Mal als Direktor. In diese Zeit fällt auch die Zusammenarbeit mit Ernst Waldbrunn, der den "Dummen" gab während Farkas "den Gescheiten" spielte. Eines der größten Komiker-Duos des Nachkriegs-Österreich war geboren.
Seine letzte Doppelconférence mit Waldbrunn wurde am 15. Mai 1971 ausgestrahlt und zeigte den legendären Boxkampf. "Doch Karl Farkas lag zum Zeitpunkt der Ausstrahlung dieser Sendung bereits im Koma", schreibt Markus. Farkas stirbt am 16. Mai 1971 - schon schwer von einem Krebsleiden gezeichnet. Er war der "unwiderruflich Letzte" schrieb Friedrich Torberg in seinem Nachruf. Der "letzte Stern eines untergegangenen Planetensystems".