Er braucht „die Chemie der Kommunikation“, ist also für das Virtuelle eher nicht zu haben. Dennoch hat Herwig Zamernik alias Fuzzman (und früherer Naked Lunch-Bassist) zugesagt, für uns ein Wohnzimmer-Konzert zu spielen. Am Samstag ab 19 Uhr konnten Sie auf www.kleinezeitung.at miterleben, wie der gebürtige Kärntner sein Studio in Wien in eine Kleinstbühne verwandelt und nur mit Gitarre und Stimme eine ganz besonders unaufgeregte Atmosphäre erzeugte.
Dennoch: Die vermeintlich lieblichen Melodien sollte man nicht unterschätzen. Denn bei Zamernik zahlt es sich aus, genau hinzuhören. Zwischen Liebe, Cherie und Sonnenschein steckt viel Subversives. Paradespiel: Das "Weihnachtslied", in dem nicht nur die "Pferdeäpfel" überraschen. Ein bissiger Hit auch der Western-Schunkler "Für eine Handvoll Gras" - und Peace & Love. Der "Lonesome Cowboy" war in guter Form.
Zamernik ist eine Ausnahmeerscheinung in der heimischen Musikszene – und sein Repertoire ist grenzenlos und lässt sich nicht schubladisieren. Das Wohnzimmer-Konzert, bewusst in Low-Fi-Technik vorgetragen, wurde mit dem berührenden Kärntnerlied „I tua wohl“ von Ottilie von Herbert, die 1847 als 22-Jährige im Wörthersee verschwand, gestartet, dann schaute Zamernik kurz beim Indiepop vorbei, um dann völlig ironiefrei beim lässigen Zamernik-Schlager zu landen.
Der Fuzzman hatte auch einen Song im Programm, der wunderbar in die Corona-Ära passt. "Haltet Abstand" heißt das Lied. „Wenn ich eine Marketingbegabung hätte, müsste ich das Lied sofort vermarkten.“ Aber das tut Zamernik natürlich nicht. Der Song handelt von „depperten Menschen, mit denen ich nichts zu tun haben will. Aber deppert wäre es auch, damit jetzt Geld zu machen.“ Was für eine wunderbare, seltene Einstellung. Textlich geht es in dem Lied um den braunen Sumpf und diverse "Blau-Politiker", einer davon hat sich inzwischen selbst erledigt: H.C. Strache.
Auch der Song "Hände weg von allem" klingt, als wäre er für die Corona-Krise geschrieben - ist er aber nicht. Und überhaupt: "Die wahren Krisen sind im Herzen", so Zamernik, der sein Set immer wieder mit launigen Zwischenansagen auflockerte. Das Schwitzen bei den Konzerten vermisse er - "und das Umarmen fehlt mir". Aber: "Das Leben ist ein Fluss. Immer vorwärts, nie zurück." Was bei anderen banal klingen würde, kommt bei diesem Künstler, der sich eine wunderbare Authentizität und punkige Haltung bewahrt hat, glaubwürdig rüber. Mit dem Wunsch und der Hoffnung, seine Fans bald wieder bei Live-Konzerten umarmen zu können, verabschiedete sich Herwig Zamernik. Es war ein herrlich schräges Konzert. Ungekünstelt, aber künstlerisch "echt".
Im Rahmen unserer Wohnzimmer-Konzerte, die in Zeiten von Corona Künstlern eine virtuelle Bühne bieten sollen und unseren Lesern, Usern und "Schauern" eine Freude bereiten, sind bereits der Bluesmusiker Oliver Mally, der klassische Pianist Philipp Scheucher, Schauspieler und Vortragskünstler Wolfram Berger sowie das Nu-Soul-Duo "Gazelle and the Bear" aufgetreten. Wer von den "Konzertbesuchern" eine Art Eintritt für die Darbietungen zahlen möchte, hat die Möglichkeit, an eine karitative Organisation zu spenden, die der jeweilige Künstler auswählt.
Herwig Zamernik untersucht um Unterstützung für den Phönixhof in Forchtenstein, ein Therapie-Projekt für Kinder in schwierigen Lebenslagen.
BIC: GIBAATWWXXX
IBAN: AT192011129169439600
Informationen unter: www.phoenixhof.org
Die aktuelle Platte von Fuzzman:
"Hände weg von allem" (Redelsteiner Release)