"Fairpay" ist eines der zentralen Anliegen der neuen Kunst- und Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne). Durch einen anonymen Brief aus dem Chor der "Bakchen"-Produktion ist dabei auch das Burgtheater in den Fokus gerückt. "Der Standard" berichtete von prekären Arbeitsbedingungen, gegen die sich die 15 Choristen (Schauspieler und Schauspielschüler) zur Wehr setzten.

Zwar seien die Betroffenen während der zweimonatigen Probezeit durchgängig angestellt gewesen, seither gebe es aber keine durchgängige Anstellung, 300 Euro Abendgage und Abgabe der Entscheidungshoheit darüber, welche Zusatzengagements angenommen werden dürfen. Die Fixierung der Vorstellungsdaten erst sechs Wochen davor verunmögliche jede Langzeitplanung, heißt es in dem Bericht, in dem die Situation von Experten für "aus arbeitsrechtlicher Sicht problematisch" gehalten wird. Im Burgtheater betont man dagegen, mit diesen Regelungen in vollem Einklang mit dem gültigen Theaterrecht zu stehen. Zwar wollten alle Mitglieder des Chores ihre derzeitigen Verträge für die kommende Saison neu verhandeln, jedoch habe kein Chorist dem Theater mitgeteilt, "überhaupt nicht mehr spielen zu wollen". Hingegen seien zahlreichen Mitgliedern des Chors Engagements an anderen Bühnen ermöglicht worden.

Anlass für ein paar Nachfragen der APA zu "Fairpay" und anderen Vorhaben des Regierungsprogramms, die der kaufmännische Direktor des Burgtheaters, Robert Beutler, schriftlich beantwortete.

Herr Beutler, sehen Sie im Bereich der gerechteren Bezahlung und der "sozialen Absicherung der in der Kunst und Kultur Tätigen" (Zitat aus dem Regierungsprogramm) das Burgtheater gefordert? Oder betreffen die "Fairpay"-Forderungen Ihr Haus nicht - weil am Burgtheater bereits faire Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung gelten?

ROBERT BEUTLER: Wir sehen das Burgtheater nicht gefordert, da wir im Vergleich mit den ersten deutschsprachigen Häusern und natürlich auch innerhalb Österreichs zu den Häusern zählen, die im oberen Gagenbereich zahlen. Dies ist natürlich auch der hohen Qualität unseres Ensembles und unserer Spieler*innen geschuldet, die auch oft im internationalen Filmgeschäft große Bekanntheit erreicht haben. Das untere Gagenniveau im künstlerischen Bereich haben wir mit Beginn dieser Spielzeit grundsätzlich angehoben. Und alle unsere Gäste sind angestellt, da machen wir keinen Unterschied. Eine Möglichkeit für eine Verbesserung sehe ich: Seitdem im Jahr 2017 die tägliche Höchstbeitragsgrundlage gefallen ist, hat sich tatsächlich sozialversicherungstechnisch eine Änderung ergeben, die für geringfügig Beschäftigte stärkere Auswirkungen hat. Hier könnte man eine höhere Fairness auf gesetzlicher Ebene herstellen.

Auch eine "Schritt für Schritt Reduzierung des Gender-Pay-Gap in Kunst- und Kulturorganisationen" wird im Regierungsprogramm gefordert. Existieren geschlechterspezifische Bezahlungsunterschiede im Burgtheater?

Nein, wir machen in der Bezahlung keinerlei Unterschiede, es gibt undifferenziert eine Einstiegsgage und eine Höchstgage am Burgtheater.

Unterscheiden sich die bei den "Bakchen" getroffenen Vereinbarungen von der bisherigen Praxis am Haus?

Nein, die Verabredungen in Form unserer Gästeverträge werden mit all unseren Gästen geschlossen. Es ist dabei, gerade bei Produktionen mit vielen Gästen, wichtig für uns, die Priorität zu bekommen, da ohne diese Planungssicherheit ein Repertoiresystem mit Abonnement und Spielverpflichtung in mehreren Spielstätten sonst unvorstellbar wäre. Der Spielplan mit den Spielterminen wird den Beteiligten für den jeweiligen Monat sechs Wochen vor dem Monatsersten mitgeteilt, also sechs bis zehn Wochen vor Vorstellungstermin. Die Gäste müssen nicht auf Abruf bereitstehen. Die Terminabsprache erfolgt natürlich vor dieser Frist und wir prüfen bei allen Gästen selbstverständlich mit großer Sorgfalt, welche anderen Termine wir vor Abschluss unseres Spielplans ermöglichen können. Wir haben innerhalb der Engagements der Chorist*innen bereits zahlreiche Proben und viele Vorstellungen, auch Neuproduktionen an anderen Häusern, ermöglicht. Manche Terminanfragen konnten wir leider nicht genehmigen. Dabei ging es vor allem um Anfragen, bei dem an einem anderen Haus ensuite gespielt wird, was nicht mit unserem Repertoirebetrieb zu vereinbaren ist.

Ein Vorhaben der neuen Staatssekretärin ist die Erhöhung des Kulturbudgets. Laut Holding-Geschäftsführer Christian Kircher ist die Finanzierung der Bundestheater nur bis einschließlich 2021/22 gesichert. Wie hoch liegt danach der zusätzliche Finanzbedarf des Burgtheaters?

Nachdem die jährlichen Gehaltssteigerungen sich grundsätzlich aus den Gehaltssteigerungen des öffentlichen Dienstes ableiten, können wir die geschätzten Steigerungen der Personalkosten bis 2021/22 im Budget abdecken. Bei ca. 40 Mio. Personalkosten kann allein eine Indexsteigerung einen Mehrbedarf von einer halben Million Euro auslösen. Die Steigerung in einem zweiten Jahr käme dann in ähnlicher Höhe zu dieser noch einmal hinzu, d.h. im zweiten Jahr wären es bereits 1 Million und im dritten 1,5 Millionen, die fehlen etc.

Auch die "mögliche jährliche Valorisierung der Kunst- und Kulturförderungen" steht im Regierungsprogramm. Was würde das für Ihre Arbeit bedeuten?

Angesichts der eben geschilderten Dringlichkeit begrüßen wir dieses Ziel der neuen Regierung wirklich sehr.

Die Bundestheater-Holding soll weiterentwickelt und "Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit kompetitiven Anteilen" eingeführt werden. Haben Sie schon eine Vorstellung, was das für das Burgtheater bedeuten könnte?

Wir haben bereits umfangreiche Ziel- und Leistungsvereinbarungen.

Staatssekretärin Lunacek möchte auch die Frage des Klimaschutzes verstärkt in die Kunst- und Kulturszene hineintragen. Was könnte der Beitrag des Burgtheaters dazu sein?

Wir setzen uns schon seit einiger Zeit mit dem Thema auseinander, die Theater der Bundestheaterholding sind seit 2014 nach ISO 5001 im Energiemanagement zertifiziert. So konnten wir als Burgtheater seit 2014 ca. 7 Prozent unseres Energieverbrauchs reduzieren. Zuletzt wurde ein großer Anteil der Beleuchtung im Burgtheater auf LED umgestellt. Das möchten wir im Akademietheater im Sommer nachholen, denn auch dort liegen große Einsparpotenziale. Mit unserem neuen Mobilitätspartner konnten wir unseren Fuhrpark auf Plug-in Hybrid umstellen. Aber nicht nur als Betrieb, auch im Kontext unserer künstlerischen Arbeit spielen Klimafragen eine Rolle: Mit "2020 oder das Ende" bringen wir in Koproduktion mit den Wiener Festwochen ein Stück der Britin Alice Birch zur Uraufführung, das sich dem Thema widmet.