Goldfisch“ heißt Ihr neues Programm, in dem es um die moderne Volkskrankheit Prokrastination, also extremes Aufschieben, geht. Warum macht Manuel Rubey ein Solo?
MANUEL RUBEY: Weil ich das bereits machen wollte, als ich mit diesem Beruf begonnen habe. Auch wenn ich mich zwar geschäftig tarne, bin ich in Wahrheit bequem und faul. Jetzt wurde ich 40 Jahre alt und habe mir gesagt: Wenn nicht jetzt, wird das nichts mehr. Die Initialzündung ist ein Zeiterl her: Mit 14, 15 Jahren habe ich Josef Hader gestalkt. Es hat mich fasziniert, wie man Welten erschafft, in denen niemand weiß, was vermeintlich mit seinem Leben übereinstimmt und was nicht.


Verraten Sie uns: Wie haben Sie die Prokrastination überwunden?
Ich habe mir eine Falle gestellt, indem ich mir einen Premierentermin ausgemacht und einen Titel gefunden habe. Es ist ein Erste-Welt-Problem, aber es ist irre, welche Ausmaße das annehmen kann. Es gibt Leute, die sich tot stellen, wenn es an der Tür läutet. Mit Faulheit hat das eigentlich nichts zu tun. Prokrastinierer sind oft sehr ordentlich, manisch, sauber.


Wo orten Sie den gesellschaftlichen Hintergrund des Aufschiebens?
Ich denke schon, dass es mit einer Überforderung zu tun hat, der wir ständig ausgesetzt sind – durch die Neuen Medien oder dadurch, nicht zu wissen, welche Berufe noch brauchbar sind. In Japan gibt es eine Bewegung, die sich Hikikomori nennt. Gut behütete Jugendliche wollen gar nicht mehr rausgehen oder keinen Sex mehr haben, weil ihnen das zu anstrengend ist.


Mit Thomas Stipsits oder der Familie Lässig touren Sie seit Jahren durchs Land. Wie wird es sein, alleine auf der Bühne zu stehen?
Ich bin wahnsinnig gerne mit Menschen, die ich mag, unterwegs und ich habe ein bisserl Angst davor, alleine vor der traurigen Wurstplatte zu sitzen.

„Die Familie ist weg, sie haben nur den Fisch da gelassen“ – das ist der Ausgangspunkt für Manuel Rubeys Solo „Goldfisch"
„Die Familie ist weg, sie haben nur den Fisch da gelassen“ – das ist der Ausgangspunkt für Manuel Rubeys Solo „Goldfisch" © Ingo Pertramer


Die Wurstplatte hinter der Bühne ist also gar kein Klischee?
Nein, es gibt sie wirklich. Man kann auch vorab vegan angeben, aber außerhalb der großen Städte gibt es nur Wurstplatten. Ich habe zwar schon moderiert, aber einen Abend lang alleine auf der Bühne, wo man sich nicht verstecken kann, war ich noch nie. Ich glaube, wenn ein Abend gelingt, ist es noch schöner, weil man das aus sich selbst gemacht hat. Rupert Lehofer macht Regie. Er hat einen sehr guten Humor, aber mag das Kabarett und dessen Witze eigentlich nicht. Das hilft mir.


Und wenn ein Abend misslingt?
Dann muss man sich das noch schmerzhafter eingestehen.
Hilft Ihnen Ihr Schauspielerberuf auf der Kabarettbühne?
Was ich am Kabarett so mag, ist, dass dort Dinge passieren dürfen. Läutet ein Handy, wird das im Theater von allen ignoriert. Alles, was passiert, passiert. Das macht einen Abend ja einzigartig und Fehler sind wunderbar, wenn man sich scheitern traut.


Die Inhaltsangabe ist recht kryptisch. Was dürfen sich Besucher bei „Goldfisch“ erwarten?
Ich oder diese Persona wacht verkatert auf. Die Familie ist weg, sie haben nur den Fisch dagelassen. Und es gibt einen guten Deal mit den Veranstaltern, ich darf in den Garderoben schlafen. Die Frau hat einen neuen Mann, mit dem sie wegfahren will, und sie setzt die Kinder in den Zug, die jetzt sofort zu holen sind. Das ist das Dilemma, von wo aus sich der tragische Held auf die Reise macht. Meine zwei Töchter haben mir ihre Stimmen geliehen.


Im Dezember wurde der zweite „Landkrimi“ aus Salzburg ausgestrahlt. Wird die Reihe mit Ihnen als Ermittler fortgesetzt?
Von uns aus schon. So eine Reihe wäre mein Traum. Was ich mir nicht vorstellen kann, wäre, Soko-Kommissar zu sein, wo man sonst nichts machen kann.


Gibt es Gespräche für Teil drei?
Ich höre was, aber ich höre immer so viel, dass ich es erst glaube, wenn ich in der Maske sitze. Es gibt wohl einen Buchauftrag.


Wo sehen wir Sie 2020 noch?
Der letzte Sommer war leer und im Herbst überschlug sich alles. Ich habe parallel mehrere Filme gedreht. In „Dennstein & Schwarz“ habe ich einen Politiker gespielt, der in die #MeToo-Falle tappt, Mozart in Prag, allerdings in einem Film über „Beethoven“, und einen buddhistischen Mönch in einem Krimi.


Marie Kreutzer, Catalina Molina, Johanna Moder – Sie haben arbeiten oft mit Regisseurinnen. Was fällt dabei auf?
Ich arbeite gerne mit Frauen, weil ein bisserl Testosteron wegfällt. Dass es künstlerisch und menschlich passt, ist wichtiger. Ich finde es wunderbar, dass sich die Branche langsam verändert und es mehr Frauen gibt.


Wo müsste man die Ungleichheit bei Auftragsvergabe & Co. anpacken?
Ich fürchte, es geht nur über Quoten. Das kann jeder nachvollziehen. Mir fällt keine bessere Lösung ein. Es ist vielleicht förderlich, dass ich zwei Töchter habe. Mein Eindruck: Wenn Mädchen mit einem Dreier auf eine Schularbeit heimkommen, bricht eine Katastrophe aus und die Jungs haben einen geilen Vierer. Ich glaube, es geht nur mit Regeln und der Hoffnung, dass das irgendwann nicht mehr notwendig ist.