Eigentlich war Popeye nur als Nebenfigur gedacht. Für die Zeitung "New York Journal" hatte der Autor und Cartoon-Zeichner Elzie Crisler Segar seit 1919 die Comic-Reihe "Thimble Theatre" rund um die Protagonisten Castor Oyl, Olive Oyl und Ham Gravy (auf Deutsch etwa: Rizinusöl, Olivenöl und Bratensaft) entworfen. Der Durchbruch kam erst mit Popeye.

Der Name bedeutet grob übersetzt "Glatzauge". Popeye ist ein Seemann mit einer Matrosenmütze, die sein linkes Auge stets verkniffen aussehen lässt, einem Anker-Tattoo auf dem überdimensionalen linken Unterarm und einer Pfeife im Mund. Die Figur, die am 17. Jänner 1929 erstmals auftauchte, war schnell der Star des Cartoons - und bald auch zahlreicher Zeichentrickserien, Filme und Computerspiele.

Spinatverkauf stieg um ein Drittel

"Ja think I"m a cowboy?!", ist Popeyes erster Satz bei seinem ersten Auftritt im Comic - "denkt ihr etwa, ich sei ein Cowboy?". Einige Monate später küsst ihn die süße Olive Oyl, in den deutschen Ausgaben als Olivia bekannt, aus Versehen auf die Wange. Und Popeye ist unsterblich verliebt. Der Seemann gibt sich oft knurrig, ist aber eigentlich herzensgut. Braucht er Superkräfte, schüttet er sich den Inhalt einer Dose Spinat in den Mund - was den Spinatverkauf in den USA nach Schätzungen der Industrie um rund ein Drittel steigen ließ.

Die Inspirationen für seine Figuren fand Zeichner Segar in seiner Heimatstadt Chester im US-Bundesstaat Illinois, wo die Comic-Legende bis heute mit einem kleinen Museum und einem jährlichen Picknick gefeiert wird. Mitte der 40er-Jahre kam Popeye erstmals in Farbe in die Kinos und 1957 erlebte er sein Fernsehdebüt.

Jahrelang liefen die Kurzfilmserien in zahlreichen Ländern. Der Spinatmatrose wurde auch in den entferntesten Ecken der Welt zu einem Inbegriff für Amerika, ähnlich wie Micky Maus, Coca-Cola oder Blue Jeans. Zeichner Segar erlebte das nicht mehr, er war schon 1938 gestorben und wurde durch immer neue Nachfolger ersetzt.
Popeye ging in die Populärkultur ein, wurde von Roy Lichtenstein gemalt und von Jeff Koons verarbeitet. Zu seinem 75. Geburtstag leuchtete 2004 die Spitze des Empire State Buildings in New York spinatgrün. Zu seinem 90er aber ist der Spinat-Held ein wenig aus dem Scheinwerferlicht verschwunden, zu groß scheint die Konkurrenz neuer Comic-Superhelden, die für ihre Superkräfte nicht erst Spinat schlürfen müssen.

Die Firma hinter Popeye, King Features, hat zum 90. Geburtstag eine Reihe neuer Kurz-Videos produziert und ihren Star darin deutlich verjüngt. "Er ist jünger, aber man kann nicht genau sagen, wie alt er ist", sagte Firmenpräsidentin C.J. Kettler der "New York Times". "Er ist nicht alt, er ist nicht jung, er ist irgendwo dazwischen. Aber er ist immer noch stark und fit und widerstandsfähig und ein Champion der Unterdrückten."