Die Vorarlberger Städte Dornbirn, Feldkirch, Hohenems und der Bregenzerwald bewerben sich gemeinsam um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2024. Dass sie gute Chancen haben, sich gegen die österreichischen Mitbewerber aus St. Pölten und dem Salzkammergut durchzusetzen, davon ist die für die Bewerbung zuständige Kulturmanagerin Bettina Steindl überzeugt. Ende Jänner fällt eine Vorentscheidung.
"Vorarlberg ist in ganz vielen Dingen ein Mini-Europa. Obwohl das Land klein ist, gibt es so viel Großartiges, Verschiedenes", sagt Steindl im APA-Gespräch. Auch die Lage im Vierländereck bringe die Partner, die im Bewerbungsprozess als "Dornbirn plus" auftreten, in eine sehr gute Position. "Wir sind hier eine Modellregion für den europäischen Gedanken." Im Bewerbungsprozess gehe es darum, der Jury und der EU zu beweisen, "wir wollen noch europäischer werden, wir leben Europa und wollen Europa als großartiges Projekt und Institution zu den Menschen hier bringen. Wo sollte das besser gehen als in einer Vierländerregion?", so die Kulturmanagerin, die mit Kulturhauptstädten bereits reichlich Erfahrung hat. 2009 hat sie für die Kulturhauptstadt Linz gearbeitet, ein Jahr darauf für das Ruhrgebiet.
Ein weiteres Plus sei die große Diversität der Region. "Von der Handwerkskunst, über Gestaltung, Architektur und eine fantastische Landschaft. Besonders wird es durch die extrem kurze Erreichbarkeit", ist Steindl überzeugt. Besucher könnten viele sehr unterschiedliche Dinge erleben, ohne weit fahren zu müssen.
"Schaffa, schaffa, Hüsle baua"
Aus ihrer Zeit in Linz und im Ruhrgebiet weiß die Leiterin des Büros Kulturperspektiven 2024 auch, worauf es im Bewerbungsprozess ankommt. Gemeinsam mit ihrem Team hat sie aus den Informationen und Ideen zahlreicher partizipativer Projekte drei Herausforderungen, Ziele und Programmschienen definiert und unter dem Bidbook-Titel "Mutausbruch" subsumiert. "Mut zur Veränderung, Mut zum Handeln, Mut zur Vielfalt, Mut, über den Tellerrand hinauszuschauen. Das will die Kulturhauptstadt für Vorarlberg und die ganze Bodenseeregion erreichen", ist in den offiziellen Dokumenten zu lesen.
Eine dieser Herausforderungen ist die Vorarlberger Mentalität, dieses "Schaffa, schaffa, Hüsle baua, immer fleißig sein", wie es Steindl formuliert. Mit Projekten, die das Leben in den Städten und Gemeinden unter die Lupe nehmen, "wollen wir das verändern. Wir wollen Freiheit im Kopf schaffen, Freiheit im Handeln." Ziel sei es, über künstlerische Mittel "sozusagen künstlich" wieder Leben in die Orte zu bringen, den Austausch und die Nachbarschaft zu fördern. "Und das vor allem für alle Mentalitäten, Ethnien und Religionen", betont Steindl.
Der Austausch steht auch im Mittelpunkt der Programmschiene "No frontiers", in diesem Fall aber über die Grenzen des Vierländerecks hinaus. Oft habe sie in diesem Zusammenhang den Satz gehört: "Wir haben doch schon alles, wozu brauchen wir die Kulturhauptstadt", für Steindl ein Zeichen von gefährlicher Saturiertheit und Selbstzufriedenheit. "Es ist, als ob Vorarlberg im Auge eines Orkans sitzt. Rundherum tobt das Leben, tobt Europa, die Welt. Aber wir hier in Vorarlberg sagen, na na, hier ist alles gut", beschreibt die Kulturmanagerin den vorherrschenden Zustand. "Nur, der Wirbelsturm wird weiterziehen und darauf möchte ich vorbereitet sein", mit Projekten, die Zukunft aktiv gestalten.
Vorarlberg gibt es billiger
In der dritten Programmschiene geht es der Kulturmanagerin darum, die kulturelle Kompetenz zu stärken. "Kultur soll wieder in den Alltag implementiert werden. Ganz klar ist Kunst und Kultur nicht das Sahnehäubchen, das noch zusätzlich auf meinen stressigen Alltag kommt", definiert die Kulturperspektiven-Leiterin. Auch das Thema Digitalisierung ist in diese Schiene verpackt. Was ist zu viel und was soll noch entstehen, seien zwei der Fragen, denen in Projekten nachgegangen werden soll.
Beim Budget bleibt Steindl im Vergleich zu den früheren österreichischen Kulturhauptstädten, die beide in etwa 60 Millionen Euro verschlangen, bescheiden. "Wir werden unter 30 Millionen Euro bleiben", stellte die Kulturhauptstadt-Verantwortliche fest. Anders als in Linz (2009) und Graz (2003) brauche es keine neue Infrastruktur. "Wir müssen nicht bauen, nur Strukturen schaffen. Damit ist das Budget völlig ausreichend", untermauert Steindl, die auch speziell im Kunst- und Kulturbereich für Effizienz eintritt. "Geldverschwendung sollte immer vermieden werden", so Steindl.
Trotzdem seien Industrie und Wirtschaftsunternehmen aufgerufen zu sponsern. Schließlich bringe der Kulturhauptstadt-Titel auch wirtschaftlich messbare Effekte. "Mit dem Titel erfährt eine Region eine irrsinnige Standortaufwertung", weiß die Kulturmanagerin aus Erfahrung. Nicht nur die Besucher- und Tourismuszahlen würden nachhaltig steigen, es werde auch viel leichter, "Arbeitskräfte nach Vorarlberg zu locken".
Den Ausstieg der Landeshauptstadt Bregenz aus dem Bieterprozess im vergangenen Jahr findet die gebürtige Tirolerin zwar schade - "natürlich wäre es toll gewesen, wenn alle Rheintalstädte, also auch Bregenz und Bludenz, dabei gewesen wären" -, allerdings werde der Titel ganz selten an eine Stadt vergeben, die bereits als Kulturstadt etabliert ist. "Die Kulturhauptstadt sucht eher diese verborgenen Perlen", weiß Steindl. Die Entscheidung für Dornbirn als Bannerstadt in der Folge sei unter anderem "eine pragmatische" gewesen. Dornbirn sei die größte Stadt Vorarlbergs, Feldkirch habe wegen der 800-Jahrfeier abgewunken und Hohenems sei zu klein.