Geht es nach Geschäftsführer Michael Duscher und Projektleiter Jakob Redl, dann soll die dritte Europäische Kulturhauptstadt, die Österreich nach Graz (2003) und Linz (2009) stellt, St. Pölten heißen. Mit den eingereichten Bewerbungsunterlagen, dem sogenannten Bid-Book, zeigt sich Duscher "sehr zufrieden". Der Inhalt werde am 30. Jänner vor einer zwölfköpfigen EU-Expertenjury vorgetragen. Tags darauf erfolgt die Bekanntgabe jener Städte, die es auf die Shortlist geschafft haben.

In die nächste Runde kommen jene Bewerber, die vorgegebene Kriterien wie Nachhaltigkeit, Umsetzungsfähigkeit und Einbindung der Bevölkerung erfüllen. Im direkten Wettstreit mit den beiden weiteren heimischen Bewerbern, einer Initiative mehrerer Städte aus Vorarlberg rund um Dornbirn und dem Salzkammergut mit Bad Ischl an der Spitze, stehe man vorerst nicht, betont Duscher. "Es wird in der Vorauswahlphase über das Weiterkommen der einzelnen Städte entschieden, nicht zwischen den Städten", hält Redl fest.

Mit den weiteren Bewerbern beschäftigen möchte man sich in St. Pölten ohnehin nicht zu viel. "Wir schauen lieber auf unsere eigene Performance", sagt Duscher, der Geschäftsführer der NÖ Kulturlandeshauptstadt St. Pölten GmbH. Im eigenen Leistungsprogramm will man in Sachen Kulturinfrastruktur auf Renovierungen und Adaptierungen bereits vorhandener Einrichtungen setzen. Der Domplatz soll neu gestaltet, die ehemalige Synagoge sowie das Lames-Vereinsgebäude im Sonnenpark adaptiert werden. Außerdem vorgesehen sind eine Modernisierung des Festspielhauses St. Pölten und einzelne Renovierungsmaßnahmen am Klangturm. Auch die in der vom Bewerbungsbüro initiierten Arbeitsgruppe "Öffentlicher Raum" diskutierte Gestaltung einer besseren Anbindung des Kulturbezirks an die Altstadt gilt als erklärtes Ziel. "Das ist ein großer Wunsch der Bevölkerung, diese Rückmeldung haben wir oft bekommen", erklärt Duscher.

Als "Leuchtturmprojekt" wird vom Organisationsteam das geplante "Haus der Vermittlung von Kunst und kulturellen Kompetenzen an Kinder" genannt. Dieses soll in St. Pölten entstehen - nähere Details dazu werden Ende Jänner bekanntgegeben. So viel sei verraten: "Das Projekt ist getragen von der Idee, dass Kinder möglichst früh mit Kultur in Verbindung kommen sollen. Das kann zu prägenden Erlebnissen führen - so etwas hat bis jetzt gefehlt", analysiert der Geschäftsführer. Die in der Vorauswahl angeführten Infrastrukturprojekte werden auch unabhängig von der Vergabe des Titels Kulturhauptstadt Europas 2024 umgesetzt werden.

Für den Fall eines Zuschlags wurden bereits mögliche neue Spielstätten ins Auge gefasst. Die Voith-Halle und das Glanzstoff-Areal werden in diesem Zusammenhang von Duscher genannt. Zweiteres sei äußerst spannend, "weil es die Transformation St. Pöltens von der Industriestadt zur Kulturstadt spürbar machen würde".

Die Frage nach der künstlerischen Leitung soll erst nach einem potenziellen Zuschlag entschieden werden - erst dann erfolge eine Ausschreibung, sagte Redl. Noch heuer sollen mit einem Projektteam konkrete künstlerische Ideen ausformuliert werden, diese würden im Erfolgsfall ab 2020 mit der künstlerischen Leitung besprochen. Programmatisch abgehandelt werden könnten laut Redl 2024 "große europäische Themen": "Wir wollen das Große im Kleinen diskutieren."

Den möglichen Titel "Kulturhauptstadt Europas" sieht Duscher auch als "Impuls und Rahmen für die Entwicklung der Stadt". Ein Vorzeigemodell "einer lebenswerten europäischen Mittelstadt der Zukunft" solle geschaffen werden. St. Pölten möchte künftig zudem als Zentrum einer "Kulturhauptstadt-Region" wahrgenommen werden, Verbindungen und Netzwerke in die umliegende Region sollen aufgebaut und verbessert werden.

Eine der ganz großen Stärken des Projekts "St. Pölten 2024" sei die tolle Zusammenarbeit zwischen der Stadt und dem Land Niederösterreich. "Wir waren deshalb auch von Beginn an perfekt aufgestellt, konnten sehr schnell auf die Struktur einer eigenen Betriebsgesellschaft zurückgreifen. Die organisatorische Integration in die NÖKU-Gruppe (Anm.: NÖ Kulturwirtschaft) garantiert außerdem, dass der Know-how-Transfer im Kulturmanagement perfekt abläuft", hält Redl fest.

Auch hinsichtlich der Kostenabdeckung könne man auf starke Partner bauen, betonen die beiden Manager. Das operative Betriebs- und Programmbudget 2020 bis 2025 werde rund 60 Millionen Euro betragen. Angestrebt wird eine Drittelfinanzierung durch die Stadt St. Pölten, den Bund sowie das Land, das die Förderung im Juni 2019 beschließen will. Rund 16,5 Millionen Euro sollen in die Kulturinfrastruktur fließen und nach Angaben des Organisationsteams zu gleichen Teilen von Stadt und Land getragen werden. Die Renovierungsarbeiten am Festspielhaus St. Pölten und kleinere Veränderungen am Klangturm schlagen sich mit etwa 4,5 Millionen Euro zu Buche und werden zur Gänze vom Land Niederösterreich finanziert.

"Mehr als 32 Jahre, nachdem man zur Landeshauptstadt wurde, ist St. Pölten wieder auf dem Weg, eine Hauptstadt zu werden", hält Redl fest. Politisch und geografisch sei St. Pölten längst als niederösterreichische Hauptstadt in den Köpfen etabliert, "auf emotionaler Ebene fehlt aber noch ein bisschen was", ortet der Projektleiter. Dies könne sich mit den Kulturinvestitionen und einem innovativen und mutigen Programm ändern.

(S E R V I C E - )