Wenn sich die geballte Glamourprominenz Österreichs mit der vereinigten Mückenschaft des Burgenlandes an den Gestaden des Neusiedlersees versammelt, dann ist wieder Operettenzeit bei den Seefestspielen Mörbisch. Am Donnerstagabend feierte Neointendant Peter Edelmann mit der "Gräfin Mariza" seinen persönlichen Einstand auf der Seebühne und ließ dabei so manche Zukunftsentwicklungen erahnen.

Nach den Kalamitäten im Vorjahr rund um die Kurzzeitberufung von Gerald Pichowetz zum Intendanten, setzt man diesesmal also mit Emmerich Kalmans Klassiker der Silbernen Ära der Operette auf eine sichere Bank. Schließlich stellt die heurige "Gräfin" bereits die sechste Inszenierung des Verwirrspiels um Liebe und Identitäten auf der Seebühne dar. Und auch diesmal kostete man die Magyaren-Seeligkeit so vollends aus, dass ein Brückenschlag nach Ungarn vollzogen wurde, wie sonst allenfalls von der Bundesregierung.

Leichtigkeit

"Das ist das Schöne bei der Operette: Man muss sich nicht besonders anstrengen", hatte Edelmann zu Beginn in Richtung Publikum beschieden. Denn das Team musste sich zweifelsohne ins Zeug legen, um den Eindruck von Leichtigkeit aufscheinen zu lassen.

Immerhin ist Regisseur Karl Absenger mit seiner vierten Produktion in Mörbisch bereits ein alter Hase, der weiß, wie mit der riesigen Seebühne umzugehen ist. Seine Personenführung ist angesichts der enormen Dimensionen der Anlage herausragend. Jederzeit brechen Tänzer im Pusztadirndl oder Fantasiekostümen aus der Kulisse, alles ist im Fluss, nie im Stillstand, ohne dabei auf die "Rechts raus, links rein"-Rezepte des Boulevards zurückzugreifen.

Ein weiterer Pluspunkt der Ausgabe Edelmann 1 ist hingegen einem Mörbisch-Debütanten zu verdanken, hatte Bühnenbildner Manfred Waba bis dato doch noch nie für die Seefestspiele gearbeitet. Der einstige Spiritus Rector der benachbarten Opernfestspiele St. Margarethen schuf als Blickfang eine 45 Meter lange Geige als horizontale Bühnendominante, die im Inneren das gesamte Bühnenbild aus Bibliothek, Salon und Arkadengang birgt.

Für alle ohne Opernglas

Das bemerkenswerteste Element ist dabei allerdings nicht das überdimensionale Instrument, sondern der vielleicht noch etwas zaghafte Einsatz von Videoleinwänden, die etwa beim Schlussapplaus die Darsteller in der Nahaufnahme zeigen und so den Besuchern ohne Opernglas zumindest nachträglich eine Vorstellung von den Protagonisten ermöglicht. Dieser Weg scheint in der Zukunft durchaus noch ausbaubar.

Zumal es die heurige Besetzung in weiten Teilen durchaus wert wäre, näher betrachten zu werden. Vida Mikneviciute kann in der Titelpartie glaubhaft Männer unter ihre Füße bringen, und Gärtnerplatztheater-Ensemblemitglied Christoph Filler schafft mit seiner Ungarnpartie des Baron Koloman Zsupan ohne allzugroßes Outrieren einen gerade stimmlich mehr als soliden Auftritt. Routinier Franz Suhrada komplettiert als Kammerdiener Penizek das Trio, während man mit Ondrej Janoska vom Janoska Ensemble einen veritablen Promi als Zigeuner mit Geige gewonnen hat. Nur begrenzt überzeugte indes Roman Payer bei seinem Mörbisch-Debüt als Graf Tassilo, entschwindet die Partie doch teils in höchste Tenorhöhen, während Payer unten bleibt.

"Operette der ersten Garde"

"Ich möchte Sie auffordern, sich gehen zu lassen", hatte Intendant Edelmann in seiner Eröffnungsrede zur Begrüßung der Hautevolee das Publikum ermutigt. Nicht zuletzt Wiens neuer Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gehorchte und ließ sich am Ende des Abends einen Walzer mit der Gräfin zur Schlussnummer nicht nehmen.

"Ich habe vor, die Operette der ersten Garde zu spielen", hatte Edelmann zum Auftakt die Planung für seine Intendanz umrissen. Diesen Weg beschreitet man im kommenden Jahr mit Franz Lehars "Das Land des Lächelns" weiter. Und wer noch einen Blick hinter die Kulissen der heurigen Mörbisch-Produktion werfen, sich dafür aber nicht an den Neusiedlersee begeben möchte, für den hat der ORF unter dem Titel "Die Gräfin in der Geige" eine Dokumentation erstellt. Im Rahmen der "matinee" läuft diese am Sonntag (15. Juli) ab 10 Uhr auf ORF 2.