Mit seinen Konzerten füllt Antonello Venditti seit Jahrzehnten italienische Stadien. Samstagabend hat er sich eine viel malerischere Kulisse ausgesucht: Die Villa Manin, eine Landvilla im venezianischen Stil, erbaut im 17. Jahrhundert im friualnischen Codroipo. Wenige Minuten nachdem auch der letzte Sitzplatz auf dem riesigen Rasen vor dem imposanten Gebäude besetzt ist, geht dort ein Raunen durch die Menge. "Da kommt er". Tatsächlich. Da kommt er. Von links. Und er fängt zunächst an zu plaudern. "Unplugged", wie es seine aktuelle Tour verspricht. Aber das Publikum weiter hinten hört kein Wort und begehrt auf.
"Ich wollte nur Freundschaft schließen", sagt der 68-Jährige, setzt sich ans Klavier. Er legt los. Und spätestens die zweite Nummer zündet: "Bomba o non bomba" bezieht sich auf das Attentat 1980 in Bologna. Ein Lied aus den 80er-Jahren. Typisch für den Cantautore, der mit Francesco de Gregori Ende er 60er, Anfang der 70er-Jahre begonnen hat, die italienische Musikszene - und damit das Publikum - zum Nachdenken zu bewegen.
Antonello Venditti schlägt dann aber zunächst die für ihn ebenso typischen zarten Töne an: Mit "Marta", dem "ersten Lied", das er "für eine Frau komponiert" hat. Und mit "Giulia" "auch für eine Frau, die das 1978 nicht verstanden hat."
Doch Schluss mit der Aufzählung. Es wird ein langer Konzertabend, bei dem der Römer alle Register seiner musikalischen Anteilnahme zieht. Zwischendurch schlägt er - ohne Musik - ernste und scherzhafte Töne an. Womit er tut, was er auch mit seinen Liedtexten immer schon tat: Politisieren und Sozialkritik üben. Ein Witzchen über Napolen und Berlusconi hier, eine Brandrede für die Bildung da: "Wer ist dieser Google. Wisst Ihr, wer die Wikipedia-Texte schreibt?"
Clever & Smart
Doch dann wird er wieder ganz sanft. Er singt von Liebe und Freundschaft, von Tränen und Glück, der 68-Jährige, der nur auf dem Papier alt ist. Dessen Texte auch die Jungen im Publikum auswendig können. Vor den gestrengen Blicken der Security streamen einige das Konzert mit ihren Smartphones. Andere drehen Videoclips in Serie. Nach und nach kommen immer mehr Fans immer weiter nach vorne an den Bühnenrand. Sie stehen zunächst, setzen sich dann ins Gras. Und der Antonello Venditti setzt sich zu ihnen - am Bühnenrand auf den Boden. Bis er wieder aufspringt wie ein 20-Jähriger und wieder ans Klavier eilt.
Sensationelle Musiker hat der Italiener mitgebracht. Vor allem Amedeo Bianchi am Saxophon, das viele von Vendittis Songs erst zu dem macht, was sie sind. So textsicher seine Fans auch sind, das ganze Repertoire dürfen sie an diesem Abend nicht mitsingen. Dazu ist es zu groß. Um 20 Minuten nach Mitternacht endet die Show. Aber die Schwingungen bleiben. Lange noch.
Elisabeth Peutz