Die Meldung "Schwarzer Tag für die türkische Presse" lief am 4. März 2016 über die Nachrichtenagenturen: Die türkische Polizei ist gewaltsam in das Redaktionsgebäude der oppositionellen Zeitung "Zaman" in Istanbul eingedrungen. Gegen die protestierende Menge, die sich seit dem Abend vor dem Haus versammelt hatte, sei die Polizei mit Tränengas vorgegangen, wurde berichtet. Hintergrund: "Zaman" steht der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen nahe, der im US-Exil lebt. Gülen war einst ein Verbündeter des islamisch-konservativen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, hat sich mit ihm aber überworfen. Die Zeitung war auf einen Gerichtsbeschluss hin "unter die Aufsicht einer staatlichen Treuhandverwaltung" gestellt worden.
Diese Nachricht nahm Musiker und Regisseur Sandy Lopičić als Ausgangspunkt für seinen neuen musikalischen Abend "Redaktionsschluss!" am Grazer Schauspielhaus. Lopičić wollte die Bedeutung des Stücktitels allerdings bewusst offen halten, wie er in einem Interview mit der Kleinen Zeitung zur Premiere erklärte: „Er steht vielleicht für die stetige Veränderung und Vergänglichkeit des Menschen. Ich suche immer das Universelle, das Zeitlose."
Nun denn: Die fünf Ensemblemitglieder und die fünf Musiker legen sich ins Zeug, erobern die Herzen der Zuschauer, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Revue unter einer Art Deckmantel ins Leere führt. Oder eben nach 20 musikalischen Darbietungen, die meist ohne Übergänge einfallslos aneinander gereiht wirken, in Herbert Grönemeyers "Stück vom Himmel" endet.
So bleibt es gerade bei den angedachten Themen ein überraschend mutloser Abend, der nichts riskiert und offenbar bloß unterhalten will. Ausnahmen: die Szene mit Bachs Wohltemperiertem Klavier und Georg Kreislers "Weg zur Arbeit" bzw. "Als der Zirkus in Flammen stand". Bei Hildegard Knef in der Nina Hagen-Version ("Wunder") stößt selbst ein einsatzfreudiges Team, das Spaß hatte, an seine Grenzen.
Verkaufen wird sich "Redaktionsschluss!" wohl dennoch gut.
Nächste Vorstellungen am 14., 24. und 27. Jänner, am 8., 15. und 16. Februar, jeweils 19.30 Uhr.
Ensemble: Henriette Blumenau, Sarah Sophia Meyer, Clemens Maria Riegler, Andri Schenardi, Susanne Konstanze Weber.
Karten: Tel. (0316) 80 00.