Bogdan Roščic habe eine Vernetzung mit den wichtigsten Sängern und Dirigenten der Welt, die ihresgleichen suche, begründete Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) seine Entscheidung, deren Tragweite er sich durchaus bewusst sei: "Ich möchte die Gelegenheit nutzen und die Staatsoper als 'die' Leitinstitution unserer Kulturlandschaft ab dem Jahr 2020 neu positionieren."
Generationenwechsel
So repräsentiere der 52-jährige Plattenboss Roščic auch einen Generationenwechsel. "Ich glaube, wir müssen in die Zukunft blicken - und das heißt in keinem Fall Kritik am Status quo", so Drozda. Schließlich stehe die Staatsoper derzeit sehr gut da. Nicht zuletzt habe ihn aber Roščics Konzept für die inhaltliche Ausrichtung der Staatsoper ab 2020 restlos überzeugt. "Wenn Sie so wollen, geht es auch darum, eine Staatsoper 4.0 zu kreieren."
Die wichtigste Entscheidung
Es sei die wichtigste Entscheidung seines Lebens gewesen, sagte Bogdan Roščic, frisch designierter Direktor der Wiener Staatsoper ab September 2020, bei der Pressekonferenz. Sein Vorsatz: Eine "allabendliche Hebung der Qualität" und zwar auf ein Niveau, dass der Oper die Kraft gibt, "ihr Publikum selbst zu erschaffen" und in der Konkurrenz mit anderen Medien zu bestehen.
Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) meinte, die Entscheidung für Bogdan Roščic sei ihm vor diesem Hintergrund nicht schwergefallen, der Prozess sei allerdings ergebnisoffen verlaufen. "So professionell und glasklar", streute auch Roščic selbst Rosen, wie er es aus seiner Erfahrung nicht für selbstverständlich halte. Gelockt habe ihn der "gewaltige Gestaltungsspielraum", und die Überzeugung, dass man sich als Opernhaus heute "Rechenschaft ablegen muss, darüber wo Oper als Kunstgattung eigentlich steht".
Plattenboss Bogdan Roscic wird neuer Staatsopern-Direktor
Konkurrenz
Zwar sei das Totsagen des Genres seit Jahrzehnten nicht eingetreten, aber es "hat an Bedeutung verloren, ist nicht mehr selbstverständlicher Bestandteil unserer aller Sozialisation" und steht in einer "Konkurrenz wie es sie noch nie gegeben hat, um die Zeit und das Geld ihres Publikums". In der amerikanischen Alltagswelt, "links der Broadway, rechts Netflix", sei die Situation zwar verschärft, aber der Umstand, "dass Oper vor lauter kulturellem Prestige nicht den Vergleich eingehen muss um die Relevanz", gehöre auch hierzulande der Vergangenheit an.
"Wir reden zu viel über das Wie. Das Publikum von heute und von morgen braucht auch Antworten auf Fragen wie Was oder Warum. Was ist die Oper für mich, warum muss sie Teil meines Lebens werden?" Diese Antworten könnten nur gegeben werden durch "Erlebnisse einer anderen Tiefe und Intensität als sie Theaterroutine manchmal zu bieten hat". Die Oper - "die größte Materialschlacht der Kulturwelt" - stünde unter großem Druck und "muss liefern". Jeder kenne den bewegenden Moment in der Oper - "wo ein ganzes Haus wie in einem Klimmzug es schafft, sich auf das Niveau des gespielten Werkes hochzuziehen". Dies sei sein klares Ziel.
Inspirationsquelle Mahler
Inspiration sei ihm "der bedeutendste Direktor der Staatsoper bisher", nämlich Gustav Mahler, dessen Amtsantritt sich 2022 zum 125. Mal jährt. "Vorwärts zu Mahler" war auch der Titel seines Konzepts. Seine Ideen "ziehen viele organisatorische Maßnahmen nach sich", die er im Detail allerdings noch nicht erläutern könne. Die Bestellung eines Generalmusikdirektors zähle jedenfalls ebenso dazu, wie eine klare Ausrichtung auf zeitgenössisches Musiktheaterschaffen. Die 1.350 Tage bis zu seinem Amtsantritt am 1. September 2020 werde er jedenfalls brauchen. Bis dahin ist Dominique Meyer im Amt - laut Drozda habe dieser versichert "dass er seine Funktion bis zum letzten Tag mit der gleichen Energie und Leidenschaft weiter ausführen wird".