Als Siegerin des 61. Song Contests bestimmt die Ukraine den Austragungsort des nächsten Wettbewerbs. Dies könnte zu politischen Verwicklungen führen, weil sich ukrainische Politiker bereits in der Nacht auf Sonntag für eine Austragung auf der russisch besetzten Krim aussprachen. "Der nächste Wettbewerb sollte auf der ukrainischen Krim sein", twitterte die Abgeordnete Switlana Salischtschuk.

Salischtschuk gehört im Parlament dem Block von Präsident Petro Poroschenko an. Dieser hatte den Sieg Jamalas als "unglaublich" bejubelt, Außenminister Pavlo Klimkin ergänzte seine euphorischen Glückwünsche mit dem Satz: "Und nicht vergessen, die Krim gehört zur Ukraine."

Song-Contest-Direktor Jon Ola Sand geht indes von einer Austragung in Kiew aus. Bei der Pressekonferenz von Siegerin Jamala sagte er in Richtung der ukrainischen Delegation, er sei sicher, "dass wir es schaffen, eine fantastische Veranstaltung im wunderschönen Kiew nächstes Jahr auf die Beine zu stellen". Als er das Wort "Kiew" aussprach, rief ein Teilnehmer der Pressekonferenz den Namen der Krim-Stadt Jalta dazwischen.

Das Siegerlied:

Von Russland besetzte Krim

Nach dem politischen Umsturz in der Ukraine im Februar 2014 wurde die Schwarzmeer-Halbinsel Krim in einer generalstabsmäßigen Aktion von Russland besetzt. Nach einem international nicht anerkannten Referendum wurde die mehrheitlich von Russen bewohnte Region auch formell der Russischen Föderation einverleibt. Russland wurde wegen der Aggression mit politischen und wirtschaftlichen Sanktionen durch die EU belegt.

In ihrem siegreichen Song "1944" besingt Krimtatarin Jamala die Vertreibung ihres Volkes während des Zweiten Weltkrieges von der Schwarzmeerhalbinsel. Der paranoide sowjetische Diktator Josef Stalin hatte den Krimtataren Kollaboration mit Nazi-Deutschland vorgeworfen. Trotz russischen Protesten gegen den politischen Inhalt hatte die European Broadcasting Union (EBU) den Song zugelassen.

Zoe landete auf Platz 13

Die Ukraine hatte in einem Fotofinish beim 61. Eurovision Song Contest in Stockholm triumphiert. Sängerin Jamala konnte sich mit ihrer politischen Nummer "1944", die von der Vertreibung der Krimtataren handelt, letztlich vor Australien und Russland platzieren. Österreichs ESC-Hoffnung Zoe kam am Ende auf einen guten 13. Platz.

"Ich will wirklich Frieden und Liebe für jeden", sagte Jamala bei der Pressekonferenz nach ihrem Sieg. Im Vorfeld hatte sich vor allem in Russland Kritik gegen die melancholische Nummer entzündet, besingt die 32-Jährige in "1944" doch das Leid durch die Deportation der Krimtataren unter Sowjetdiktator Josef Stalin. Von den meisten Beobachtern wurden der Song auch als Anklage gegen die Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 gewertet.

Jury und Publikum verschiedener Meinung

Die Frage, wer letztendlich die europäische Sangeskrone - konkret ein gläsernes Mikrofon als Auszeichnung - mit nach Hause nehmen darf, blieb dabei lange unklar. Verantwortlich waren hierfür nicht zuletzt neue Vergaberegeln für die Punkte. So wurden heuer erstmals die jeweils fünfzig Prozent der Gesamtpunkte ausmachenden Punkte von Jury und Publikum getrennt vorgetragen.

Bei den Jurys hatte zunächst noch eindeutig die Australierin Dami Im mit ihrer Powerballade "Sound Of Silence" vorne gelegen - mit über 100 Punkten Vorsprung. Das Publikum konnte die Sängerin aus Down Under allerdings weniger überzeugen. So lag bei den Zuschauern respektive im Televoting der im Vorfeld bei den Buchmachern hoch gehandelte Russe Sergej Lasarew (alternativ Sergey Lazarev) vorne - der aber bei den Jurys nicht besonders gut punkten konnte. Letztlich setzen sich die Ukraine, Australien und Russland in einer Dreiergruppe vom Feld ab: Jamala kam am Ende auf 534 Punkte, Dami Im auf 511 und Lasarew auf 491.

Zoe überzeugte die Zuschauer, nicht die Jury

Österreichs Kandidatin Zoe konnte mit ihrem französischen Popchanson "Loin d'ici" ebenfalls eher die Zuschauer als die Jurys überzeugen. Das Publikum brachte sie beim Televoting mit 120 Punkten auf Platz 8 des Tournaments. Die Experten hatten ihr mit 31 Punkten aber lediglich den drittletzten Platz zugewiesen. Am Ende stand somit ein guter Platz 13.

Besonders krass fiel hingegen die Differenz beim polnischen Starter Michael Szpak aus, der von den Zuschauern mit 222 Punkten auf Rang 3 gewählt wurde und auch in Österreich die Höchstpunktzahl 12 bekam. Die Jurys hatten ihn hingegen mit insgesamt 7 Punkten lediglich auf dem vorletzten Platz gesehen - was in der kombinierten Wertung Rang 8 bedeutete.

Nicht nur Zoe und ihr Team konnten sich übrigens am Samstag über das Ergebnis des Abends freuen, auch drei weitere Österreicher fieberten dem Endergebnis entgegen. Der gebürtige Tiroler Sebastian Arman, mittlerweile in Wien lebend, war am Song "If Love Was A Crime" der Bulgarin Poli Genova beteiligt. Die flotte Disconummer landete schließlich überraschend auf einem sehr guten 4. Platz.

Und das Wiener Songwriterduo Popmache, bestehend aus Nikola Paryla und Andreas Grass, stieg mit dem Lied "Lighthouse" der Kroatin Nina Kraljic letztlich mit Platz 23 aus. Die österreichische Jury gab dem aus heimischer Feder stammenden Song sechs Punkte, Armans Disconummer für Bulgarien erhielt keine Jurypunkte aus Wien.

Der Live-Ticker zum Song Contest -Abend zum Nachlesen: