Mit fünf Premieren wird die Wiener Staatsoper die Spielzeit 2016/17 bestreiten. Mit "Falstaff" und "Trovatore" hat man gleich zwei Verdi-Neuinszenierungen im Tableau, während Wagners "Parsifal" von Alvis Hermanis neu gestaltet wird. Auch Gluck kommt wieder zu Ehren. Insgesamt sind in der neuen Spielzeit 54 verschiedene Opern zu sehen. Hinzu kommen drei Kinderopern und zehn Ballettprogramme.

Den Auftakt des Premierenreigens wird am 16. Oktober Christoph Willibald Glucks "Armide" machen - wieder einmal mit einem Gastorchester. Marc Minkowski ist mit seinen Musiciens du Louvre im Haus - wie schon zu Dominique Meyers Auftaktspielzeit als Intendant 2010, als man Händels "Alcina" interpretierte, die aus gegebenem Anlass wieder aufgenommen wird. "Ich bin glücklich, dass wir mehr Gluck spielen. Er ist noch nicht sehr beliebt, aber wir können unseren Beitrag dazu leisten", zeigte sich Meyer am Mittwoch bei der Präsentation der Vorhaben pädagogisch optimistisch.

Staatsoperndirektor Dominique Meyer
Staatsoperndirektor Dominique Meyer © APA

Am 4. Dezember gestaltet der Brite David McVicar einen neuen "Falstaff", wofür der legendäre Zubin Mehta nach Jahren wieder ans Dirigentenpult des Staatsopernorchester zurückkehrt. Am 5. Februar folgt mit Giuseppe Verdis "Il Trovatore" eine dank des Librettos bekannt schwierige Oper. "Man möchte es immer machen - und man hat immer Angst", so Meyer. Mit Regisseur Daniele Abbado und Dirigent Marco Armiliato hofft man nun auf Erfolg, wobei die Inszenierung von Istvan Szabo, die zuletzt 2001 am Haus gespielt wurde, ersetzt wird. Zum Erfolg soll nicht zuletzt die Besetzung beitragen, die neben Roberto Alagna vor allem Anna Netrebko ans Haus bringt, die zuletzt 2014 in Alvis Hermanis Inszenierung des Stücks bei den Salzburger Festspielen Triumphe feierte.

Anna Netrebko, hier in
Anna Netrebko, hier in "Giovanna d'Arco", singt im "Trovatore" © APA/AFP

Hermanis darf sich dafür den heiligen Gral der Staatsoper zur Brust nehmen: Zur Osterzeit am 30. März 2017 wird er den traditionellen Wagner-"Parsifal" neu gestalten und damit die Inszenierung von Christine Mielitz aus 2004 ersetzen. Am Pult wird Semyon Bychkov stehen, wobei Wagner-Ikone Nina Stemme ihr Rollendebüt als Kundry gibt. Die Premierensaison beschließt am 18. Juni Debussys "Pelleas et Melisande" in der Regie von Marco Arturo Marelli - ungeachtet einer gewissen Animosität des Intendanten gegenüber dem Musiktheater seiner Heimat. "Wer mich kennt, weiß, dass ich - obwohl Franzose - kein begeisterter Liebhaber französischer Oper bin", so Meyer. Aber "Pelleas et Melisande" sei eine Ausnahme. Bernarda Fink wird als Genevieve ihr Hausdebüt feiern, während die beiden Titelpartien mit Benjamin Bruns und Olga Bezsmertna aus dem Ensemble besetzt werden.

Am Kinderopern-Standort Walfischgasse wird am 29. Jänner 2017 mit Tristan Schulzes "Patchwork" eine Uraufführung gefeiert. Er sei dabei mit dem naheliegenden Spielort äußerst zufrieden, betonte Meyer angesichts der Diskussion mit der Bundestheater-Holding über die Idee, das Kasino am Schwarzenberg als gemeinsamen Standort zu nutzen. Diese Vorschläge prüfe man derzeit. "Meine persönliche Einstellung wäre: Ich hoffe, dass es lange so bleibt", untermauerte Meyer seine Präferenz für Walfischgasse, die technisch leichter zu bespielen sei. Er hoffe jedenfalls, dass die Entscheidung in dieser Causa bis zum Ende der Spielzeit falle.

Beinahe familiär geadelt wurde Ballettchef Manuel Legris von Meyer: "Wenn mein Sohn so erfolgreich wäre, wäre ich nicht glücklicher." Er sei sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit mit seinem 51-jährigen Landsmann: "Alles, was das Ballett macht, begeistert mich." Auch Legris zeigte sich angetan von der neuen Saison, die wieder drei Ballettpremieren bringen wird sowie eine leichte Steigerung der Vorstellung von 51 auf 57 - nachdem Legris zuletzt mehr Raum für seine Sparte angemahnt hatte.

 Ballettchef Manuel Legris
Ballettchef Manuel Legris © APA

Premierenauftakt ist hier am 1. November mit einem dreiteiligen Abend, der von den drei Choreografen George Balanchine, Edwaard Liang und Daniel Proietto gestaltet wird, wobei letzterer mit "Blanc" eine Uraufführung beisteuert. "Die ganze Compagnie wird in diese Premiere involviert sein", freute sich Legris. Am 19. Februar 2017 folgen dann zwei Arbeiten von Altmeister John Neumeier - "Le Pavillon d'Armide" und "Le Sacre" -, bevor die Saison am 29. Juni zum siebenten Mal mit der Nurejew Gala beschlossen wird. Am 17. Mai will Legris die Details der Ballettsaison präsentieren.

Beim Blick auf die Zahlen bleibt Staatsoperndirektor Dominique Meyer bei seiner positiven Einschätzung des Vorjahres: "Ich will nicht arrogant sein, aber: Es geht uns gut." Der Eigendeckungsgrad liege um die 45 Prozent und damit hoch. Zugleich sei bei den Kartenpreisen derzeit eine Grenze erreicht: "Wenn uns Karten überbleiben, sind es immer die teuersten - das ist ein klares Zeichen."

"Wenn wir weiter nach oben gehen mit den Preisen, laufen wir Gefahr, die Beziehung der Bevölkerung zur Oper zu zerstören", so Meyer. Noch scheint diese aber ungebrochen. Die Einnahmen stiegen bis zum 4. April im Vorjahresvergleich leicht von 23,7 Millionen Euro auf 23,9 Millionen Euro. Die Zahl der Besucher wuchs ebenso leicht von 411.515 auf 411.827 - wobei die hier höhere Zahl an Vorstellungen mitbedacht werden muss, was den Durchschnittsbesuch von 2.047 pro Vorstellung auf 2.019 sinken ließ.

Sitzauslastung bei 98,5 Prozent

Entsprechend sank auch die Sitzauslastung geringfügig von 99 auf 98,5 Prozent gesamt. Im Opernbereich ging diese von 99,4 auf 98,8 Prozent zurück, in der Ballettsparte von 98,5 auf 97,7 Prozent. Und schließlich sanken auch die Einnahmen pro Vorstellung etwas von 118.044 Euro auf 117.405 Euro. Dies liege nicht zuletzt an der Einberechnung der Kinderoper, die geringere Einnahmen lukriere, so Meyer.

Die Auslastung im Vergleich zu anderen Häusern sei enorm, betonte der Staatsopernchef, aber die wirtschaftliche Gesamtlage bleibe natürlich schwierig. "Wenn ich am Morgen die Zahl von 100 Prozent Auslastung bekomme, mache ich nicht gleich auf Tarzan", schlug sich Meyer symbolisch auf die Brust. Zugleich freue ihn, dass man auch mit zeitgenössischen Werken wie Peter Eötvös "Tri Sestri" auf Werte von 95 Prozent komme: "Welches Opernhaus der Welt wäre nicht begeistert mit einer durchschnittlichen Auslastung von 95 Prozent?!"

In der kommenden Saison geht man dabei mit der Zahl der Opernvorstellungen zurück. Diese sinkt nach 234 auf 221 - und damit auf den Wert der Saison 2014/15. Im Ballett erhöht sich die Zahl der Termine im Gegenzug von 51 auf 57. Rechnet man weitere Formate wie Konzerte und Matineen hinzu, wird es in der Saison 2016/17 insgesamt 309 Veranstaltungen geben - nach 318 in der laufenden.

Einen Anstieg gibt es im Gegenzug bei der Zahl der Livestream-Abonnenten. Hier wurde nun die symbolische Marke von 1000 zahlenden Kunden durchbrochen. Etwa ein Drittel der momentan 1034 User stamme dabei aus Österreich, die Hälfte aus dem übrigen Europa, so Digitalchef Christoph Widauer.