Am Donnerstagabend läuft in der ARD eine Fernsehshow, die es eigentlich nicht geben sollte: Moderiert von Barbara Schöneberger kämpfen zehn Bewerber beim deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest um "Unser Lied für Stockholm". Nach dem Null-Punkte-Auftritt von Ann Sophie 2015 in Wien und der Posse um Xavier Naidoo gibt es für ESC-Fans einen Trost: Es kann nur besser werden.

Wäre es nach den Plänen der ARD-Verantwortlichen rund um den ESC-Koordinator Thomas Schreiber gegangen, wäre Xavier Naidoo ohne eigenen Vorentscheid nach Stockholm geschickt worden. Doch nach Vorwürfen der Homophobie und des Rechtspopulismus gegen den für eine Vielzahl von Hits stehenden Sänger zog die ARD die Notbremse und nahm die Entsendung wieder zurück.

Verzicht

Eine Posse und Blamage auf der organisatorischen Ebene, die sich nahtlos an den letzten Platz der deutschen Starterin Ann Sophie im ESC-Finale 2015 in Wien anschloss. Dem war der nicht weniger blamable Verzicht des eigentlichen Vorentscheid-Siegers Andreas Kümmert vorangegangen.

Nach dieser Negativserie des Landes, das 2010 noch mit Lenas "Satellite" erfolgreich war, versucht die ARD ein bisschen wie vom Reißbrett, in die Erfolgsspur zurückzukehren. Die zehn Starter kommen musikalisch aus der ganzen Breite der möglichen Genres, von der schlichten Popnummer über den deutschen Schlager zu Rock und gregorianischen Gesängen. Dazu verzichtete man auf die Wild Card für junge Künstler - in den vergangenen beiden Jahren wurden die Gewinner der Wild-Card-Konzerte Elaiza und Ann Sophie zwar Deutschlands Vertreter, floppten als unerfahrene Newcomer aber im internationalen Finale.

Rückkehr von Ralph Siegel

Dazu gibt es eine weitere Wendung in der wechselvollen deutschen ESC-Geschichte: Der von der ARD seit Jahren gemiedene und deshalb zuletzt nach San Marino ausgewichene ESC-Altmeister Ralph Siegel kehrt zurück. Siegel hat für die als Finalistin der RTL-Show "Das Supertalent" bekannt gewordene Düsseldorferin Laura Pinski das Lied "Under the sun we are one" geschrieben. Der 1982 mit Nicoles "Ein bisschen Frieden" erfolgreiche 70-Jährige darf damit nach elf Jahren wieder zurück auf die deutsche ESC-Bühne.

Durch die laut ARD-Mann Schreiber "wilde Mischung" der Musikstile gibt es keinen erkennbaren Favoriten für den Vorentscheid. Nach den Terroranschlägen von Paris war der Bayer Alex Diehl mit seiner Ballade "Nur ein Lied" in den sozialen Netzwerken zum Star geworden, Diehl tritt mit der Nummer in Köln an. Weitere Konkurrenten sind Ella Endlich, Jamie-Lee Kriewitz, Joco oder der Chor Gregorian - alles im Vergleich zu dem ursprünglich vorgesehenen Xavier Naidoo keine großen Namen.

Zwei Durchgänge

Die Zuschauer wählen den deutschen Starter für das ESC-Finale am 14. Mai in Stockholm in zwei Durchgängen. In Runde 1 präsentieren sich alle zehn Kandidaten, danach wird erstmals abgestimmt. Die besten Drei kommen dann ins Finale, wo erneut das Fernsehpublikum den Sieger bestimmt.

Österreich hat diese Prozedur bereits hinter sich. Nach ihrem Triumph in der ORF-Show "Wer singt für Österreich?" am 12. Februar ist klar, dass Zoe mit "Loin d'ici" im 1. Halbfinale des Wettbewerbs am 10. Mai antritt.