Sie ist mit 8.696 Pfeifen die größte Konzertorgel Europas, und doch haben sie nur wenige Menschen bisher gesehen: Die Orgel im Großen Saal des Wiener Konzerthauses. Schließlich bleibt das Instrument seit seiner Einweihung 1913 hinter einem goldenen Gitter den Augen der Konzertbesucher verborgen. Nun ist das Flaggschiff seiner Zunft restauriert worden. Am Montag Abend ist Inauguration.

Haselböck-Duo

Dann schreiten gleich zwei Haselböcks zu den Spieltischen. Martin Haselböck spielt ein Programm, das einen Bogen durch das solistische Orgelmaterial der Moderne schlägt, wobei Vater Hans Haselböck als Gast geladen ist. Erklingen werden neben Arnold Schönbergs "Variationen über ein Rezitativ" (1941), György Ligetis "Volumina" (1961/1962) und Jehan Alains "Trois Danses" (1937-1939) auch Friedrich Cerhas "Sechs Postludien" - eine Uraufführung, die Teil der Konzerthaus-Feierlichkeiten zu Ehren des Jubilars ist, der am 17. Februar 90. Geburtstag gefeiert hat.

"Es ist für mich etwas nostalgisch", sinnierte Martin Haselböck im APA-Gespräch über den Abend. Schließlich habe er bereits nach der großen Sanierung des Instruments 1982 das Inaugurationskonzert gespielt. Und das sei auf dieser Orgel immer noch etwas Besonderes, die er als "Gustav-Mahler-Orchester unter den Orgeln" bezeichnet: "Sie ist schließlich die größte Konzertorgel Europas."

Man sieht es als Laie nur nicht. Das legendäre Architektenduo Hellmer und Fellner, zusammen mit Ludwig Baumann Erbauer des Konzerthauses, platzierten die Orgel ohne sichtbares Prospekt an der Stirnwand des Großen Saales. Auch wenn das Instrument auf diese Weise dem Auge des Betrachters verborgen bleibt, sieht Orgelbauer Walter Vonbank durchaus Vorteile in der Konstruktion. "Mir blutet da nicht das Herz", unterstreicht er. Schließlich seien sichtbare Pfeifen immer auch teurer, während man sie hinter der Sichtblende relativ locker nach Klangeigenschaften platzieren könne.

Die größte Pfeife misst 16 Meter

Vonbank zeichnete gemeinsam mit der Vorarlberger Firma Rieger für die Sanierung der Klangmaschine verantwortlich, die zur Einweihung des Konzerthauses bereits von Rieger konstruiert worden war. Sie steht an der Schwelle zwischen dem Ende der Romantik und einem gewissen Historismus im Orgelbau. Das Instrument war die erste fünfmanualige Orgel in Österreich und besitzt 116 Stimmen, verteilt auf fünf Manuale und Pedal. 16 Meter misst die größte der Pfeifen, die kleinste nur wenige Zentimeter.

Richard Strauss schrieb zur Einweihung 1913 eigens das "Festliche Präludium" für Orgel und Orchester. Das erste Stück, das auf der Orgel erklang, war allerdings am 19. Oktober 1913 eine Improvisation über die österreichische Kaiserhymne durch Rudolf Dittrich - zur Schlusssteinlegung in Anwesenheit von Franz Joseph am Vormittag.

Das Instrument überstand Umbauüberlegungen in den 1960ern und 70ern letztlich unbeschadet, worauf 1982 die erste große Restaurierung durch Rieger folgte. Und nun schritten Rieger und Vonbank erneut zur Tat. Alle 8.696 Pfeifen wurden gereinigt und neu gestimmt. Auch wurde unter anderem eine neue Setzeranlage eingebaut. Jetzt stehen nur noch einige wenige Pfeifen zur Reinigung an - beeinflusst der Staub der Jahre doch auch die Klangeigenschaften.