Rosi (51), vor drei Jahren ebenfalls für eine Dokumentation mit dem Goldenen Löwen von Venedig geehrt, erzählt in "Fuocoammare" (deutsch: Feuer auf See) in teils schonungslosen Bildern vom Flüchtlingselend im Mittelmeer. "In diesem Augenblick gehen meine Gedanken an all jene Menschen, die es nicht geschafft haben, auf Lampedusa anzukommen - der Insel der Hoffnung", sagte Rosi vor rund 1.600 Gästen im Berlinale-Palast. In der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" kritisierte Rosi die jüngsten Grenzmaßnahmen Österreichs: "Das was an der österreichischen Grenze geschieht, ist eine Schande. Österreich verschließt sich und das ist kein großes Beispiel."

Der italienische Kulturminister Dario Franceschini äußerte sich stolz über die Auszeichnung. "Dieser Film rüttelt die Welt auf und erinnert uns an die Notwendigkeit, dem Flüchtlingsdrama gemeinsam und menschlich zu begegnen", erklärte er. Zuletzt hatte Italien 2012 einen Goldenen Bären erhalten.

Die Berliner Festspiele zeigten bei ihrer 66. Ausgabe bewusst viele Filme, die sich mit aktuellen politischen Themen auseinandersetzen. Bis zum Freitag wurden bei dem Festival 25.000 Euro für Flüchtlinge gesammelt. Im Vorjahr hatte der verfolgte iranische Filmemacher Jafar Panahi mit seiner Tragikomödie "Taxi" den Goldenen Bären gewonnen.

Als beste Darstellerin konnte sich am Samstag die bekannte dänische Schauspielerin Trine Dyrholm (43) in Thomas Vinterbergs Film "Die Kommune" (original: "Kollektivet") durchsetzen. Bester Schauspieler wurde der Tunesier Majd Mastoura in der Emanzipationsgeschichte "Hedi" (original: "Inhebbek Hedi"). Er widmete seinen Bären den "Märtyrern der Revolution", wie er sagte. "Wir hätten keine Meinungsfreiheit ohne all das Blut, das sie vergossen haben."

Den Großen Preis der Jury erhielt der bosnische Regisseur Danis Tanovic für "Tod in Sarajevo" (original: "Smrt u Sarajevu"). Die erst 35-jährige Französin Mia Hansen-Løve gewann mit ihrem Film "Die Zukunft" (original: "L'avenir") einen Silbernen Bären für die beste Regie. Isabelle Huppert spielt darin eine kühle Philosophiedozentin.

Kameramann Mark Lee Ping-Bing holte die Auszeichnung für die beste künstlerische Arbeit mit dem poetischen chinesischen Flussmovie "Gegenströmung" (original: "Chang Jiang Tu"). Den Preis für das beste Drehbuch gewann der Pole Tomasz Wasilewski, der in seinem Film "Vereinigte Staaten der Liebe" (original: "Zjednoczone Stany Milosci") auch Regie führte.

Für das Acht-Stunden-Mammutwerk "A Lullaby to the Sorrowful Mystery" (übersetzt etwa: Ein Wiegenlied für das schmerzhafte Geheimnis) gab es den Alfred-Bauer-Preis für innovative Filmkunst. "Ich widme den Preis allen Filmemachern, die daran glauben, dass das Kino die Welt verändern kann", sagte der philippinische Regisseur Lav Diaz.

Bei den Kurzfilmen setzte sich die portugiesische "Balada de um Batráquio" (Ballade der Bartachia) von Leonor Teles unter anderem gegen "Vintage Print" von Siegfried Fruhauf, die einzige Bären-Hoffnung aus Österreich, durch. Dafür sicherte sich der österreichische Regisseur Händl Klaus in einer Nebenreihe für lesbisch-schwule Filme den "Teddy Award" für seinen Streifen "Kater".

Insgesamt waren bei dem ungewöhnlich gehaltvollen Festival in elf Tagen mehr als 400 Filme zu sehen, 18 liefen im internationalen Wettbewerb. Ein Großaufgebot an Stars, allen voran US-Beau George Clooney, sorgte für Aufsehen. Schon vor Tagen waren über 300.000 Karten verkauft.

Jury-Präsidentin Streep bekam mehrfach begeisterten Applaus, Küsse und Liebeserklärungen. "Wir sind beschwingt und energiegeladen angesichts all der tollen Filme, die wir gesehen haben", sagte sie. Am Sonntag ging die Berlinale mit einem Publikumstag zu Ende.