Weibliche Wesen zwischen Mythos und Fantasie malte Beuys mit Beize, Bleistift oder Braunkreuzfarbe auf alle möglichen Papierreste, Schnipsel oder Packpapier. Fast unermüdlich habe Beuys in den 50er-Jahren Frauen, Frauenkörper, Torsi gezeichnet, sagt Museumschefin Bettina Paust. Hat Beuys' Hinwendung zu Frauendarstellungen mit seiner persönlichen Erfahrung zu tun? Damals glitt Beuys in eine persönliche und künstlerische Krise und zog sich zunehmend zurück. Angeblich hatte ihm seine Verlobte - ihr Name ist unbekannt - den Verlobungsring Weihnachten 1954 zurückgeschickt.

In seiner Biografie über Beuys schreibt Hans Peter Riegel, der Künstler habe als Auslöser für seine Krise unglückliche Liebesgeschichten angeführt, aber auch das Gefühl, "alles falsch angepackt" zu haben. "Beuys war damals ein gut aussehender, lebensbejahender junger Mann, der von Frauen umworben wurde", zitiert Riegel Sonja Matare, die Tochter von Beuys' Lehrer Ewald Matare. Von 1957 bis 1964 mietete Beuys Atelierräume im damals leer stehenden Kurhaus Kleve, wo er sich künstlerisch neu erfand. 1958 lernte er seine zukünftige Frau Eva kennen.

Hirsche und Elche, Hasen und Bienen bevölkern die Zeichenwelt des Künstlers, dem "schamanische" Energien zugesprochen wurden. Rätselhaft sind auch seine Frauendarstellungen, die er in einer Zeit schuf, in der er sich nach den Worten Pausts "verloren und wiedergefunden hatte".

Die Körper von Frauen und Tieren verschmelzen miteinander. Auf dem Rücken eines Elches liegt eine nackte Frau, sie scheint sich an dessen Geweih festzuhalten und eins zu werden mit dem Tier. Auf einer anderen Zeichnung steht eine Frau hinter einer mit Bleistift gemalten Ziege. Manchmal erinnern die Frauen mit breiten Becken an prähistorische Kultfiguren, dann wieder an grazile expressionistische Skulpturen mit überlangen Gliedmaßen.

Die Frauen in den Darstellungen von Beuys tragen oft keine individuellen Gesichtszüge, die Figuren gleiten in mythische Wesen über. "Das weibliche Prinzip", sagte Beuys 1979, sei für ihn die Frau "als Heldenfigur, als Amazone, als Aktrice, die eine gewisse Führungsrolle übernimmt, also viel heroischer und kämpferischer als der Mann" sei. Um "geistige Kraft und Potenzial" auszudrücken, verwende er oft die weibliche Figur, weil er "an das Weibliche im Allgemeinen" glaube. Die Frau ist für Beuys die Trägerin von Lebensenergie. Sie weist den Weg zurück zur Einheit von Mensch und Natur.

Beuys selbst soll im übrigen im Umgang mit Frauen eher "patriarchalisch und altmodisch" gewesen sein, meint Biograf Riegel. Beuys habe mit Männern besser umgehen können als mit Frauen. Gleichzeitig sei er aber auch ein "Womanizer par excellence" gewesen, und ein "Macho".

(S E R V I C E - )