Als der Musikverein für Steiermark anno 1965 seinen 150. Geburtstag feierte, bescherten ihm die Wiener Philharmoniker unter Zubin Mehta mit der neunten Symphonie von Anton Bruckner festlichen Glanz. Jetzt zelebriert der traditionsreichste Konzertveranstalter des Landes sein 200-Jahre-Jubiläum – und wieder stellten sich die Wiener Philharmoniker unter Zubin Mehta mit Bruckners letzter Symphonie ein.

Im Stephaniensaal interpretierten sie den dreisätzigen Torso, der Zeit und Raum aus den Angeln hebt, mit wuchtigem Klang. Auswendig dirigierend, disponierte Zubin Mehta (78) mit klarer Gestik und gemessenen Tempi die monumentale Architektur mit gelassener Souveränität. Auf organischen Fluss bedacht, aber niemals die Kanten glättend, spielte er gekonnt mit den Klangmassen, wobei er das Unangepasste, Moderne und Zukunftsweisende von Bruckners Schwanengesang mit Nachdruck unterstrich: Die harmonischen Kühnheiten emanzipierter Dissonanzen erglühten in sengender Schärfe, das hämmernde Scherzo gewann in seiner archaischen Aggressivität Ähnlichkeiten mit Igor Strawinskys „Le sacre du printemps“.

Mit einem Schlüsselkonzert der Moderne hatte das Festkonzert begonnen, mit den „Atmosphères“ von György Ligeti, seit 1969 Ehrenmitglied des Musikvereins. Mehta durchmaß die auf rekordverdächtigen 87 Systemen notierte Klangfarbenkomposition von 1961 aber so rasch, dass sich nur sehr eingeschränkt der beabsichtigte Eindruck einer still stehenden Musik vermittelte.

Zwei Fliegen auf einen Schlag traf man mit den „Alt-Wiener-Serenaden“ von Joseph Marx. Sie wurden 1941/42 zum 100. Geburtstag der Wiener Philharmoniker geschrieben und von ihnen unter dem Grazer Dirigenten Karl Böhm uraufgeführt, ihr Komponist ist ein Grazer, den der Musikverein für Steiermark 1942 zu seinem Ehrenmitglied ernannt hatte. Im altväterlichen Stil beschwören sie mit großer handwerklicher Meisterschaft eine gute alte Zeit herauf, die Mehta und die Wiener Philharmoniker in luxuriösem Klang schillern ließen.

ERNST NAREDI-RAINER

Im Radio: 15. März, 11.03 Uhr, Ö 1.