Plastikmöbel, Wohncontainer und Campingwagen reihen sich in Marlene Stoissers Bildern nahtlos in beschauliche Naturkulissen ein. Stellt das lediglich einen ironischen Nachtrag zur traditionellen Landschaftsmalerei dar? Keineswegs, denn die Malerin und Bildhauerin aus Gnas verfolgt ein sehr viel ausgereifteres Kunstprogramm: „Ich sehe in diesen tristen Motiven einen spannenden Gegensatz zwischen Stabilität und Zerbrechlichkeit. Wenn ich diese verlassenen Orte als romantische Landschaften male und durch die Farbe eine fast kitschige Atmosphäre schaffe, entsteht eine Art Bruch. Und es sind immer die Brüche, die mich interessieren.“

Malrene Stoisser:
Malrene Stoisser: "All that is solid (1)" © KK


Der Detailreichtum ihrer Bilder gemahnt an Fotografie. Kein Wunder, denn Fotos stellen häufig den Ausgangspunkt für Marlene Stoissers Arbeiten dar. Ihre Großstadt-Collagen operieren mit Aufnahmen aus Wohnsiedlungen und fügen ungewöhnliche Objekte in die Stadtlandschaft ein. Die Bilder der Serie „Menschenleere“ hingegen arbeiten mit Auslassungen. In der Überfülle einer Jahrmarktsszene etwa sind die Besucher des Vergnügungsparks nur als reduzierte, weiße Schemen abgebildet: „Das offensichtliche Fehlen von etwas lenkt den Fokus auf das Abwesende. Paradoxerweise wird die Anwesenheit von Menschen gerade dann deutlich, wenn sie fehlen. Ich möchte damit offenlegen, wie Orte funktionieren. Das ist eines der Grundthemen meiner Kunst.“
Zurzeit lebt Marlene Stoisser in Wien und studiert an der Universität für angewandte Kunst. In die Steiermark kehrt sie aber regelmäßig zurück. Nicht nur zu Ausstellungen ihrer Werke – zuletzt etwa bei und Eugen Lendl –, sondern auch, weil Graz ein Ort der Inspiration geblieben ist: „Ein besonders faszinierender Fleck Erde ist für mich Andritz. Natürlich gibt es auch in Wien großartige Orte – die Innenstadt oder der Stadtrand – aber noch habe ich keinen Platz gefunden, der mit dem speziellen Andritzer Charme mithalten kann.“

ANDREAS PETERJAN

www.marlenestoisser.at

11 Fragen an Marlene Stoisser

Wie lebt man von Kunst?
Es ist mir sehr wichtig, dass ich mich als Künstlerin entwickeln kann, ohne darauf achten zu müssen, ob sich meine Werke gut verkaufen. Ich arbeite deshalb „im Brotberuf“ als Assistentin für Menschen mit Behinderung, was mir sehr gut gefällt und sich gut mit der Kunst vereinbaren lässt.

Ist Ihre Kunst zeitlos oder aktuell?
Wir erleben zurzeit in Europa einen Verlust von Stabilität. Ich beobachte politische und gesellschaftliche Entwicklungen sehr genau und lasse diese in meine Kunst einfließen – auch wenn ich nicht dezidiert politische Kunst machen möchte.

Welche Schlagzeile würden Sie gerne einmal über sich lesen?
Künstlerin stoppt Klimawandel und rettet das letzte Einhorn.

Wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?
Für Katzenfutter und Brot.

Was wollten Sie als Kind werden?
Autorin oder Buchillustratorin.

Ein Satz für die nächste Generation?
So weise bin ich nicht.

Warum überhaupt Kunst?
Weil ich Kunst nie ganz erfassen und doch nicht loslassen kann.

Die schönste Nebensache der Welt?
Das Schnurren einer Katze.

Wenn ich eine Comic-Figur sein könnte?
Dann wäre ich gerne Pepé Le Pew.

Nächstes Reiseziel?
Graz. In Wien fehlt mir das gute Brot, dafür gibt‘s gutes steirisches Wasser.

Welche Wechselwirkungen gibt es zwischen Ihren Perspektiven als Malerin und Bildhauerin?
Das Infragestellen des klassischen Malmaterials ist sicher etwas, das durch meine plastische Ausbildung begünstigt wird. In letzter Zeit male ich aber ganz klassisch auf Leinwand oder Papier und genieße dabei die Vertiefung in mein Medium.