Die Bilder sind schon spektakulär genug, aber das Drumherum hat die Kunstszene in New York endgültig elektrisiert: Mit der Ausstellung "Frauen" zeigt der milliardenschwere US-Hegdefonds-Manager Steven Cohen erstmals ein Kernstück seiner legendären Kunstsammlung in einer kostenlosen Publikumsschau - und das auch noch beim Auktionshaus Sotheby's, das eigentlich vom lukrativen Verkauf hochwertiger Kunst lebt.

Premiere. "Unsere Sammlung ist bisher noch nie kuratiert worden. Das wird eine spannende Erfahrung für uns", erklärte der Finanzmogul in einer Sotheby's-Mitteilung nur knapp. Und das Kunsthaus hat eine nette Geschichte als Erklärung parat. Man sei kürzlich zu einem Abendessen im Haus der Familie Cohen gewesen, erzählt der aus Deutschland stammende Sotheby's-Chef für zeitgenössische Kunst, Tobias Meyer, vor der Ausstellungseröffnung am Donnerstag aufgeräumt. Dort habe er die türkise Marilyn (1964) von Andy Warhol und Pablo Picassos Bild "Le Repos" (1932) von dessen Frau Olga in einer eigenartigen Spannung nebeneinanderhängen sehen. "Ich habe Steve vorgeschlagen, seine Frauen bei Sotheby's zu zeigen, und er sagte einfach ja. Ich war fast schockiert", erinnert sich Meyer.

Show. Die Show, die das Auktionshaus nun bis zum 14. April in seinem "Allerheiligsten", dem obersten Stock im Mutterhaus in Manhattan zeigt, ist wirklich atemberaubend: zwanzig Schlüsselwerke von Meistern der Moderne, die sich alle mit dem Thema Frau auseinandersetzen. Warhols geheimnisvolles Porträt von Marilyn Monroe hat einen Ehrenplatz. Daneben finden sich drei Picassos, Edvard Munchs "Madonna", Vincent van Goghs "Porträt einer Landfrau", Robert Rauschenbergs "Untitled (Sue)", Amedeo Modiglianis "Nackte auf blauem Kissen", zwei Bronzeskulpturen von Henri Matisse, und und und ...

Glanzstücke. Zu den Glanzstücken gehört Willem De Koonings bahnbrechende Studie "Woman III", die Cohen 2006 für angeblich 137,5 Millionen Dollar vom Hollywood-Magnaten David Geffen kaufte. Der deutsche Künstler Gerhard Richter ist mit seinen "Tänzerinnen" vertreten. Hinzu kommen einige der heißesten Namen der zeitgenössischen Kunstszene wie Richard Prince und Cindy Sherman. Zum Wert der Ausstellung hüllt sich Sotheby's in Schweigen. Private Kunsthändler taxieren den Schatz auf 450 Millionen Dollar. Zum Verkauf stehe allerdings nichts, absolut nichts, versichert Meyer.

Museen. "In Zeiten wie diesen lechzen und dürsten Museen nach einer so großen Ausstellung. Sie müssen vor Neid umkommen, dass Sotheby's etwas so Unglaubliches bekommen hat", sagte der New Yorker Kunstexperte Milt Esterow in einem Interview. Dass gleichwohl das traditionsreiche Auktionshaus den Zuschlag bekam, halten Beobachter für einen geschickten Schachzug Cohens, gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten sein Profil auf dem Kunstmarkt zu schärfen.

Vermögen. Der Unternehmer, dessen Vermögen auf acht Milliarden Dollar geschätzt wird, hat in den vergangenen zehn Jahren gemeinsam mit seiner Frau Alexandra gezielt eine der größten privaten Kunstsammlungen der Welt zusammengetragen. Sein spektakulärstes Geschäft war 2004 der Kauf des mehr als vier Meter langen, in Formaldehyd eingelegten Tigerhais von Damien Hirst für 8 Millionen Dollar. Das Tier verfaulte allerdings, Cohen musste für 100.000 Dollar Ersatz besorgen. Das Werk ist als Dauerleihgabe im New Yorker Metropolitan Museum of Art zu sehen.

Kunstfan. Erst vor wenigen Wochen stockte der Kunstfan seinen Anteil an Sotheby's von 4,6 auf knapp 6 Prozent auf und wurde damit zum drittgrößten Gesellschafter. Die "New York Post" orakelte gar, er könne die volle Übernahme des Unternehmens anstreben. Angesichts des um 70 Prozent eingebrochenen Aktionskurses sei das Haus nur mehr einen Bruchteil seines einstigen Preises wert.

Experten. Doch der Großteil der Experten hält schon die jetzige Konstruktion für eine Win-Win-Situation. Cohen könne durch spektakuläre Aktionen wie die Ausstellung den Wert seiner Kunstsammlung heben, heißt es. Zudem dürften sich seine Geschäftsaussichten verbessern, sollte er künftig mal wieder bei Sotheby's einkaufen wollen.

Zulauf. Im Gegenzug kann das Auktionshaus mit den "Frauen" für sich selbst werben und neue Kunstfans gewinnen. Denn Zulauf hat Sotheby's - genau wie der Erzrivale Christie's - derzeit bitter nötig. Im vergangenen Jahr brach der Sotheby's-Gewinn drastisch von fast 185 auf magere 28,3 Millionen Dollar ein. Dieses Jahr müssen 100 Millionen Dollar gestrichen und 15 Prozent der Personalkosten gespart werden. Düstere Aussichten.