Henri de Toulouse-Lautrec hatte es noch leicht aufzufallen. Heute würden selbst so opulente Bildplakate wie sie der französische Spätimpressionist für das Moulin Rouge anfertigte, in der Flut der Drucksorten untergehen.

Eislutscher. Erhöhte Aufmerksamkeit garantieren Sujets, die dem Betrachter - entgegen ihrem ursprünglichen Zweck - nicht alles gleich aufs Auge drücken. Auffallen will auch das Stadttheater und diese Übung scheint fürs erste gelungen. Auf den nackten Rücken für "Ariadne" und das abgenommene Gesicht von Peter Turrini folgt nun ein Eislutscher für Giuseppe Verdis Oper "Rigoletto".

"Neugier und Irritation". "Wir haben etwas gesucht, das den Inhalt bedient und plakative Wirkung hat," erklärt Josef Köpplinger freimütig. Zum "Rigoletto"-Plakat, das man ohne Zusatzinformation nie mit der Verdi-Oper in Verbindung bringen würde, meint der Intendant: "Das Eis steht für eine sinnliche Versuchung. Eine Versuchung, der auch Gilda nicht widerstehen kann." Außerdem sei das Eis etwas italienisches. Die Rückmeldung des Publikums schwanken, so Köpplinger, "zwischen Neugier und Irritation".

"Kennt Kärnten". Für die neue Linie des Stadttheaters, die sich vom Jahresheft bis zur Postkarte durchzieht, ist die Agentur Visus in Wien von Till Dellisch zuständig. Der gebürtige Kärntner habe schon für sein Musicalfestival in Niederösterreich "sehr gute Lösungen gefunden", schätzt Köpplinger den "Teamarbeiter" Dellisch als einen, der "sehr gut assoziieren kann und Kärnten kennt."

Schock-Bild?Dellisch hat bei der neuen Plakatserie eigentlich aus der Not eine Tugend gemacht: "Wir brauchen die Fotos Monate vor der Premiere. Bilder von der Produktion stehen aber oft erst kurz davor zur Verfügung, deshalb haben wir uns entschlossen, Symbole zu nutzen. Ursprünglich wollte der Agentur-Chef für den "Rigoletto" eine Dame in einer Art Krimi-Szene aus einem Sack blicken lassen oder den Narren zeigen. Den Ausschlag für den Eislutscher gab schließlich Köpplinger selbst. "Er hat stets betont, dass die ungemein zarte, süße Musik im krassen Widerspruch zur nahezu brutalen Handlung steht", sagt Dellisch. So durfte der Eislutscher auch nicht nur süß und appetitlich aussehen. Deshalb rinnt an der Schleckerei etwas herunter, das Blut sein könnte, aber nicht sein muss. "Es soll einfach ein bisschen von der Erwartungshaltung des Betrachters abrücken, aber kein Schock-Bild sein", meint Dellisch.