Entstehen wird das neue Zentrum der 1,5-Millionen-Stadt nach einem ehrgeizigen Projekt von Dominique Perrault. Es soll den chaotisch angelegten und oft geschmacklosen Neubauten der bisherigen City ein geordnetes und elegantes Stadtbild gegenüberstellen. Der Franzose Perrault setzte sich damit bei einer internationalen Ausschreibung der Regierung in Sofia gegen andere weltbekannte Namen durch.

Bauboom. Nach den hässlichen Bauten des Kommunismus und dem Stil-Chaos des jüngsten Baubooms dürfte die neue City der Balkan-Metropole einen Hochglanz verleihen. Sie soll sechs Kilometer östlich der Altstadt in Richtung Flughafen gebaut werden. Gegliedert ist Perraults Projekt in zwei riesige Ketten aus Gebäuden für staatliche Ministerien, Unternehmensräume, Wohnhäuser sowie Einkaufszentren, Banken und sogar ein Hotel. Die zum Teil sehr hohen Häuser-Ketten verlaufen parallel zueinander auf beiden Seiten einer langen grünen Parkanlage für Freizeitaktivitäten.

Projekte. Mit dieser Struktur wollte der Star-Architekt wohl an die Gebirgsketten um Sofia anknüpfen, rätseln nicht ganz zu Unrecht Besucher des Museums für ausländische Kunst in Sofia. Dort wurden Perraults Entwurf sowie die Projekte seiner gescheiterten Konkurrenten - Norman Foster, Zaha Hadid und Massimiliano Fuksas - ausgestellt. "Nur Perrault erkundigte sich über das Relief im Großraum Sofia", lobt Juri-Mitglied Ljubomir Pelowski die zum Standort passende Projektierung in einem Interview der Zeitung "Sega".

Umzug. In die neue City würden fast alle Ministerien und Behörden umziehen, die jetzt auch in historischen Bauten in der engen Innenstadt unbequem untergebracht sind. Die zweite City soll in Etappen gebaut werden. Zumindest das Regierungsquartier müsste bis 2017-2018 fertig sein, wissen Experten. Denn dann wird EU-Neumitglied Bulgarien erstmals die Ratspräsidentschaft der Union übernehmen. In der gesamten neuen City würden etwa 25.300 Menschen wohnen oder arbeiten. Das Projekt soll in öffentlich-private Partnerschaften finanziert werden.

Alles neu. "Alles wird neu gebaut - so wie in Dubai", schwärmt eine Mitarbeiterin der Projekte-Schau. Die zweite City wird in der Tat zur größten Baustelle in der langen Geschichte Sofias werden, die zurück bis in die Römerzeit reicht. Viele Sofioter erwarten von Perraults City mehr Eleganz und Ordnung für ihre Stadt. Dies soll auch einen Kontrast schaffen zu den teuren Villen im kitschigen "Muskelmänner-Barock", den die Neureichen am Stadtrand errichtet haben.

Kritik. Das von der Regierung nur zwei Monate vor den Wahlen am 5. Juli beschlossene Vorhaben hat jedoch auch seine Kritiker. Durch die neue City würde das Stadtleben in der historischen Altstadt weitgehend verloren gehen, bemängeln alteingesessene Sofioter. Dabei habe der Stadtkern ein besonderes Flair. Auf engstem Raum stehen hier archäologische Sehenswürdigkeiten neben orthodoxen Kirchen, einer Moschee und einer Synagoge sowie Bauten von Architekten, die noch in der Habsburgermonarchie ausgebildet wurden. Dass es keine einzige Meinungsumfrage über den radikalen Stadtwandel gegeben hat, empört noch zusätzlich.