GMÜND. Das Paradoxe ist: Andrea K. Schlehweins Arbeit bräuchte keine Tänzer, denn Bühnenbauten, Videoprojektionen, Lichteffekte und Sound sind ausgeklügelt und in sich geschlossen arrangiert. Zum Glück kommt sie als Choreografin am Körper nicht vorbei. Im neuen Tanzstück integriert sie ihr Ensemble fließend in das Environment und webt aus den einzelnen Gattungen ein atmosphärisches Gesamtkunstwerk.

Wer Schlehweins Arbeiten kennt, weiß, dass man gut beraten ist, die linke Gehirnhälfte für die Dauer der Aufführung auszuschalten. Ihre Tanzstücke lassen sich weder rational begreifen noch nacherzählen, sondern ermutigen, in eine lose Abfolge von Bildern einzutauchen und diese mit eigenen Gedanken oder Erinnerungen aufzuladen.

In "route 0 11" beschäftigt sich Schlehwein mit dem romantischen Sujet der Wanderschaft. Motive des einsamen Wanderers, beglückender Bergkameradschaft, erbitterten Leistungskampfes, Abenteuerlust, Ver(w)irrung und Selbsterkenntnis werden technisch souverän und ausdrucksstark vertanzt. Gelegentlich wünscht man sich eine akzentuiertere, choreografische Handschrift, welche die Vorlieben der Tänzer stärker bändigt.

Kombination zwischen Jung und Alt

Wohltuend stimmig ist die Zusammensetzung des Ensembles aus Argentinien, Deutschland, Italien, Österreich, USA, Vietnam. Die Kombination zwischen Jung und Alt klappt einwandfrei. Während die Jungen (Carlos Osatinsky, Fernando Nicolás Pelliccioli, Tuong Phuong, Simona Piroddi, Rosalie Wanka) flink und spielerisch nach Antworten suchen, würzen die Älteren (Eleonore Schäfer, Corrado Canulli) das Setting mit dem Gestus gemächlicher Archaik. Videos und Slides (Schlehwein, Anja Theismann, Martin Schinagl) rutschen trotz makelloser Schönheit nie in hyperästhetische Banalität, sondern erweitern den Interpretationsspielraum.

So entfaltet sich dieser versponnene, ernsthafte Abend, ohne ironisches Augenzwinkern oder trashigen Firlefanz auf eindrückliche Art. Also, nicht versäumen und dann jammern, es gäbe keinen zeitgenössischen Tanz made in Carinthia.