Müde Gesichter und schlaffe Körper fallen am zweiten Tag des FM4-Frequency Festivals als Erstes auf. Drei Tage mit lauter Musik, aufgewärmten Dosenravioli und erhitzten Bieren zehren an den Kräften. Aber was tut man nicht alles für eine kurze Flucht aus dem Alltag.

"Seeed waren ja schon der Hammer, aber Deichkind werden heute alles toppen", zeigt sich eine Gruppe sonnenverbrannter Teenager begeistert vom diesjährigen Line-Up, welches große Wiedersehensfreude bereitet. Kasabian, The Ting Tings, Rise Against, Dropkick Murphys - waren alle schon mal da. Macht aber nichts, denn bei einem Festival zählen hauptsächlich Bier, Spaß und Stimmung. Und die ist heuer gut wie immer.

Das Bad in der St. Pöltener Sonne wird nicht nur durch Nieselregen am frühen Nachmittag, sondern auch durch einen orkanartigen Regensturm bei den Manchester-Rockern Elbow am Abend gestört. Nur die Wenigsten sind schnell genug, um in den Presse- oder Schankbereich zu flüchten, der Rest wird von dieser kurzen, aber heftigen Gewitterfront fast weggespült.

Ein Drama wie vor ein paar Tagen in Belgien bleibt Gott sei Dank aus. Bis gestern erhielten zwar 2000 Besucher diversen Sanitäter-Beistand, gröbere Notfälle gibt es (noch) keine.

Beim Indie-Rock Duo The Kills ist dann das Wetter wieder gnädiger. Die Band selbst kommt mit ihrer statischen Darbietung aber nicht über Durchschnitt hinaus. Zudem steht die falsche Moss auf der Bühne. Nicht Model Kate, Ehefrau von Gitarrist Jamie Hince, die gar nicht gekommen ist, sondern Alison Mosshart, Frontfrau der Kills.

Weitaus frischer präsentieren sich die britisch/spanischen Senkrechtstarter Crystal Fighters, die mit ihrem post-hippiesken Auftreten für kurze Zeit seliges Woodstock-Flair vor die Race Stage bringen. Wildfremde Menschen beginnen miteinander zu tanzen, sich wortlos und gestikulierend zu unterhalten - auch der Junge mit dem Ritterhelm aus Isolierband und der Mittvierziger im rosaroten Strampelanzug.

Auf den Nebenschauplätzen Geschrei und johlendes Gelächter. Eine Art Wet-T-Shirt-Contest, ein kleines Riesenrad für den besseren Ausblick auf die Race Stage und semiprofessionelle Luftgitarrenauftritte verwandeln das Frequency in einen übergroßen Jahrmarkt mit akustischer Hintergrundbeschallung. Mit Musik alleine zieht man längst keine Massen mehr an. Die gut 40.000 Besucher beeindrucken den deutschen Security-Mann Stefan aber nicht sehr: "Im Vergleich zum Rock am Ring in Nürnberg ist das hier ja gar nichts." - Na ja.

Die wahren Headliner kommen nach Wettersturm. Die finnische Cellisten-Truppe Apocalyptica verzaubert das Publikum auf der Green Stage, die derzeit stark gehypten Brit-Rocker Kasabian bringen derweil Tausende, vor allem Frauen, vor der Hauptbühne zum Kreischen.

Das Frequency hat längst auch bei seinen Besuchern Internationalität erreicht. Briten, Franzosen oder Schweizer sind keine Seltenheit am Gelände.

Viel "Remmidemmi" liefert zum Abschluss wie erwartet die Hamburger Elektro-Pop-Truppe Deichkind, die mit leuchtenden LED-Outfits, schillerndem Konfettiregen und einer massiven Lichtshow klarer Tagessieger ist und mit "Arbeit nervt" und "Limit" jedem einzelnen Besucher aus der Seele spricht. Entsprechend ist der Applaus.