80 Tage saß er in Haft - nun ist der chinesische Künstler und Regimekritiker Ai Weiwei gegen Kaution freigelassen worden. Das berichtete die offizielle Nachrichtenagentur Xinhua am späten Mittwochabend. Die Freilassung wurde damit begründet, dass Ai ein Geständnis wegen Steuerhinterziehung abgelegt habe und unter chronischen Krankheiten - Diabetes und Bluthochdruck - leide. Ai war am 3. April am Pekinger Flughafen wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen festgenommen worden. Unter Chinakennern herrscht allerdings Konsens, dass hinter Ais Verhaftung politische Motive stehen. Der Künstler war in den vergangenen Jahren vor allem durch Internetaktionen zum einflussreichsten Kritiker der Kommunistischen Partei geworden.

Die Freilassung gegen Kaution, die in China sehr ungewöhnlich ist, könnte ein Zeichen sein, dass der massive internationale Druck Wirkung gezeigt hat und die Regierung eine gesichtswahrende Lösung für den Fall sucht. Denn schon jetzt ist der Imageschaden immens. Dutzende ausländische Politiker haben sich in den vergangenen zweieinhalb Monaten für den Künstler starkgemacht. Zahlreiche internationale Kunst- und Kulturveranstaltungen in China waren abgesagt worden. In vielen Ländern war es zu Solidaritätsdemonstrationen gekommen. Unterschriftenlisten wie der deutsche "Berliner Appell" wurden von Tausenden Unterstützern unterzeichnet, darunter prominente Politiker, Künstler, Chinawissenschaftler und Wirtschaftsvertreter. Pekings Forderungen an das Ausland, Respekt vor dem chinesischen Rechtssystem zu haben, hatten den gegenteiligen Effekt: Der Fall Ai Weiwei wird international weithin als Symbol für die Willkür der Partei und Polizei gesehen.

Kein faires Verfahren

In dem Verfahren gegen Ai haben Chinas Ermittlungsbehörden mehrfach gegen chinesische Gesetze verstoßen - und auch nach der vorläufigen Freilassung gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass der Künstler mit einem fairen Verfahren rechnen kann. Nach Ais Verhaftung hatten die Behörden die Familie zunächst wochenlang im Dunkeln gelassen, was dem Künstler vorgeworfen wird und wo er sich befindet. Auch ein Rechtsbeistand wurde ihm verweigert.

Dabei muss Chinas Polizei die Angehörigen im Normalfall innerhalb von drei Tagen, allerspätestens aber nach 37 Tagen, über den Verbleib eines Verhafteten informieren. Ais Frau Lu Qing wurde allerdings erst nach 43 Tagen von der Staatssicherheit zu einem 15-minütigen Treffen mit ihrem inhaftierten Mann gefahren, bei dem sie mit ihm allerdings nur über seine Gesundheit sprechen durfte. Offenbar wollten die Behörden Vorwürfe von Menschenrechtsorganisationen entkräften, Ai sei gefoltert worden. Unklar ist nach wie vor der Verbleib von vier engen Mitarbeitern Ais, die ebenfalls festgenommen worden waren.