Unter dem Titel "Signed, sealed, delivered" firmierte die sechsteilige Performanceserie der Wiener Festwochen in Kooperation mit dem Tanzquartier Wien. In fünf österreichischen Uraufführungen und einem belgischen Gastspiel umkreisten junge Kunstschaffende das Thema Kommunikation an der Schnittstelle zwischen Tanz, Theater und bildender Kunst. Mit besonderer Spannung wurde dabei die Premiere von Doris Uhlichs neuem Stück "Uhlich" erwartet. Die 34-jährige Oberösterreicherin machte Laientanzstücke mit Seniorinnen und Senioren in Wien salonfähig oder brach Tabus, indem sie ihren rundlichen Körper in Spitzenschuhe steckte.

Mutter und Tochter

Diesmal interessiert Uhlich ihre eigene Zukunft. Wer könnte diese besser darstellen als die eigene Mutter? Daher performt in „Uhlich“ erstmals Gertraud Uhlich, die 66-jährige Mutter der Choreografin. Der Clou des ganzen: Gertraud Uhlich spielt ihre Tochter im Jahr 2041. Indem Uhlich jegliche Ingredienzien von Science-Fiction, wie spaciges Outfit, neue Technologien oder eine fantastische Storyline à la Raumschiff Enterprise, verweigert und kein Sterbenswörtchen über die Gesellschaft im Jahr 2041 verrät, eröffnet sie eine äußerst aktuelle und zugleich abgrundtief deprimierende Sicht auf unsere Zukunft: ein schwarzes Loch, entblößt von jeglicher Vision auf eine bessere Welt. Es wäre jedoch nicht Doris Uhlich, würde sie sich mit einer Perspektive begnügen. Da sich Getraud Uhlich als Tochter Doris zwangsläufig auch deren aufmüpfige Anteile aneignen musste, entsteht eine reizvolle Mischung aus Anpassung und Eigensinn. Mit ihrem gealterten, breiten Körper in altmodischer Pumps-Rock-Shirt-Kombination bestreitet sie souverän sowohl ausgedehnte Bühnengänge, angedeutete Tanzgesten und alltägliche Mini-Handlungen als auch zorniges Stampfen, entnervtes Wasser ausleeren oder absurdes, mühevolles Rollen quer über die Bühne.

Utopie

Als Getraud Uhlich im zarten Dialekt bedächtig einen Text von Derrida über die Unmöglichkeit eines Ereignisses vorliest, bricht die Utopie unvermittelt in die Gegenwart ein. Sie erschließt sich nicht im Nachdenken, wie es später einmal sein könnte oder sein sollte, sondern entfaltet sich im Prozess des Hier und Jetzt. Wie bei den Uhlichs. In dieser tief greifenden Auseinandersetzung zwischen zwei Generationen macht Hoffen und Träumen plötzlich wieder Sinn.