Das Teatro Nuovo Giovanni da Udine programmiert zwar nur wenig Tanz, dieser ist jedoch vom Feinsten. So wie das "Ballet Preljocaj", welches auf seiner Italien-Tournee mit "Biancaneve/Schneewittchen" überraschend in Friaul zwischenstoppte. Angelin Preljocaj, französischer Star-Choreograph mit eigenem Tanzhaus in Aix-en-Provence, drückt in seiner entschlackten Schneewittchen-Version ordentlich auf die Romantik-Tube, ohne in die Kitschfalle zu tappen. In der extravaganten Ausstattung von Jean Paul Gaultier und zur aufwühlenden Musik Gustav Mahlers zeigt Preljocaj das bekannte Grimm-Märchen als verzweifeltes Rückzugsgefecht einer (Stief-)Mutter vor der erotischen Anziehungskraft des weiblichen Nachwuchses.

Die ausgezeichnete 26-köpfige Kompanie tanzte barfuß, eine Mischung aus Ballett und dem expressiven Bewegungsduktus des Ausdruckstanzes. Während die höfischen Ensembleszenen bewegungstechnisch blass bleiben, beeindruckt Preljocajs choreografische Handschrift in den Soli und Pax de deuxs, etwa wenn die scheue Hirschkuh in zart-eckigen Bewegungen stirbt oder die böse Schwiegermutter ihr Schneewittchen (großartig: Nagisa Shirai) brutal mit Apfel füttert oder der Prinz mit seiner scheintoten Prinzessin tanzend zu verschmelzen scheint. Unvergessen bleibt auch das Abseilen der sieben Zwerge von einer Kletterwand (Ausstattung: Thierry Leproust).