Pech für die Paparazzi, der Festival-GAU für Klatschreporter: Präsidentengattin Carla Bruni hat ihren Auftritt zur Eröffnung von Cannes kurzfristig abgesagt. Der fotografische Schwangerschaftstest am roten Teppich fiel somit flach. Der immer fragiler wirkende Woody Allen nahm es gelassen. Immerhin war der 75-jährige Komödien-Altmeister schon elf Mal hier, fünf Mal hat er den Cancan eröffnet. Auch diesmal gelingt ihm mit einer märchenhaften Liebeserklärung an Paris ein Coup.

"Midnight in Paris" erzählt von einem frustrierten Hollywood-Autor (Owen Wilson), dem ein nächtlicher Spaziergang die Augen öffnet. Plötzlich hält ein Oldtimer an, in dem sich Scott Fitzgerald persönlich befindet. Damit nicht genug, lernt der zeitreisende Held alsbald Cocteau und Hemingway kennen, später Dalí und Buñuel. "Ihr Typen seid Surrealisten, ich bin normal", klagt er ihnen sein Leid. Dass früher alles besser war, entpuppt sich freilich als Irrtum: Illusionen sind eben auch nur Illusionen.

Mit champagnerprickelnder Leichtigkeit lädt Regisseur Allen zur satirischen Kunstreise in die Vergangenheit. Die Bruni hat dabei nur drei Mini-Auftritte als Museumsführerin, die keine fünf Minuten dauern. Dennoch ist der Maestro begeistert von der Première Dame: "Carla spielt ihre Rolle perfekt." Das Casting fand auf höchster Ebene statt, wie Woody verriet: "Ich war zum Frühstück bei den Sarkozys eingeladen. Als Carla in den Raum kam, war ich wie geblendet von ihrer Schönheit."

Der nächste Film, den der US-Starregisseur mit Roberto Benigni als einem der Hauptdarsteller plant, heißt "Bop Decameron". Er ist vom "Decamerone" inspiriert, der Novellensammlung Boccaccios (1313 - 1375), und wird ab Sommer in Roms Filmstudiostadt Cinecittà gedreht.

Auffallend im heurigen Bewerb sind die vielen Familiengeschichten, gut die Hälfte der 20 Palmen-Kandidaten geht mit Eltern-Kind-Konflikten ins Rennen. Fast sensationell dabei der Anteil weiblicher Regisseure: Eine Quote von 20 Prozent ist historisch, gab es in der 64-jährigen Geschichte von Cannes doch nur eine Palmen-Gewinnerin - Jane Campion 1993 mit "Das Piano".

Als Meisterwerk wird übrigens von der Gerüchteküche schon im Vorfeld das österreichische Missbrauchsdrama "Michael" von Markus Schleinzer (39) gefeiert, das am Samstagnachmittag seine Welturaufführung erlebt.