Sie spielen in Ihrem aktuellen Film die Rolle des "Schmuckstücks" - der Ehefrau als schöne Dekoration. Haben Sie sich denn jemals auch so gefühlt?

CATHERINE DENEUVE: Natürlich, das geht mir auch heute noch so. Diese Erfahrung hat doch jeder schon mindestens einmal in seinem Leben gemacht, dass er in bestimmten Situationen einfach nur Beiwerk ist. Das gilt für Frauen und Männer übrigens gleichermaßen. Man muss sich ja nur einmal die Ehemänner von Politikerinnen anschauen.

Ihre Heldin befreit sich aus dieser Rolle allerdings.

DENEUVE: Sie ist eine nette Frau, die es allen recht machen will: dem Ehemann, ihren Kindern, sogar dem Garten. Dass sie sich befreit, liegt weniger an ihrer eigenen Entscheidung als den Umständen, die sie dazu zwingen: Sie muss überraschend die Firma ihres Mannes leiten. Erst dadurch entdeckt sie, dass das Leben auch anders sein kann, und findet Gefallen an diesem neuen Stil.

Sie waren in der Frauenbewegung aktiv. Wie sehr haben Sie sich selbst emanzipiert?

DENEUVE: Ich musste mich nie befreien, weil ich mir meine Freiheit schon in sehr jungen Jahren genommen habe. Ich habe mein Elternhaus früh verlassen, früh mit der Arbeit begonnen und mein eigenes Leben gelebt. Es gab also keine Barrikaden, die ich hätte einreißen müssen.

Wie war denn das Verhältnis zu Ihren Eltern?

DENEUVE: Sie waren sehr offen und aufgeschlossen. Sie haben mir mit 16 Jahren schon alle Freiheiten gelassen - in einer Zeit, als man erst mit 21 Jahren volljährig war. Verboten wurde mir von ihnen nie etwas.

Wie hatten Sie eigentlich Ihr Leben geplant?

DENEUVE: Gar nicht, die Dinge sind passiert, wie sie passierten, und ich habe darauf reagiert. Früher war ich eigentlich ziemlich schüchtern, mein Selbstbewusstsein hat sich erst im Laufe der Zeit entwickelt. Vielen Menschen geht es doch ganz ähnlich, dass sie ihre Empfindungen und Gefühle nicht ohne Weiteres äußern wollen. Ich halte mich nicht für eine starke Person oder für eine Kämpferin.

Sie gelten seit Jahrzehnten als Ikone der Schönheit. Wird das auf Dauer nicht ermüdend?

DENEUVE: Dieses Image und die Erwartungen sind eine schwere Last, als Ikone habe ich mich allerdings nie gefühlt. Die Leute denken, dass ich ständig in eleganter Kleidung durch das Leben gehe - aber das ist natürlich ganz und gar nicht der Fall. In meiner Freizeit würde ich sofort diesen roten Trainingsanzug aus dem Film tragen. Und wenn ich im Garten arbeite, sehe ich aus wie jeder andere.

Wann war die Last von diesem Image am schwersten für Sie?

DENEUVE: Als ich 30 war, da habe ich den Druck der Erwartungen am stärksten empfunden. Es kann schon schwierig werden, diese Zeiten zu überstehen, aber das geht anderen Schauspielerinnen oder Sängerinnen sicher kaum anders. Gibt es überhaupt keine positiven Seiten?

DENEUVE: Man wird natürlich von vielen interessanten Leuten angesprochen, die wohl nichts mit einem zu tun haben wollten, wenn man eher unattraktiv aussieht. Wir leben halt in einer Welt, in der das Image eine große Rolle spielt - und das ist heute noch viel ausgeprägter als noch vor 20 Jahren. Inzwischen macht jeder mit seinem Handy Fotos und stellt sie sofort ins Internet: Das ist beängstigend.

Und was halten Sie vom Prädikat "Diva", das Sie sicher auch schon oft gehört haben?

DENEUVE: Ich bin keine Diva, allein schon deshalb, weil ich keine Sängerin bin ( lacht).

In "Schmuckstück" singen Sie allerdings das Chanson "Das Leben ist schön" - trifft das auch auf das Leben der Deneuve zu?

DENEUVE: Das würde ich nicht als mein Motto bezeichnen, denn das Leben ist nicht jeden Tag schön. Es gibt Zeiten, da geht es aufwärts und dann eben wieder abwärts. Aber ich höre so einen Satz sehr gerne und ich singe ihn deswegen auch gern.