Große, leere Bühne - hinten rechts einsam ein weißes Sofa. Darauf posiert selbstbewusst-lasziv eine dunkelhaarige Schönheit im blauen Abendkleid mit knallroten Strümpfen. Die Tür geht auf. Herein weht eine üppige, schwangere Blondine, die in Riesenschritten wie eine Schlittschuhläuferin eine Runde über die Bühne dreht, ehe sie theatralisch stoppt und ins Publikum ruft: "Hello, how are you? Is there something wrong?"

Nein, alles bestens und falsch ist gar nichts! Sondern lustvoll und trashig. Wir befinden uns mitten in "Gibanica 2011", dem slowenischen, zeitgenössischen Tanzfestival und genießen "Between us", eine freche Performance von Leja Jurii und Teja Reba über weibliche Identitäten zwischen schonungsloser Nacktheit und Kunststoff-Fummel.

Slowenien, unser Nachbar mit einer Fläche so groß wie Niederösterreich, gelingt seit 2003 alle zwei Jahre das Kunststück, seine zeitgenössische Tanzszene in geballter Form in Ljubljana zu präsentieren. Von 24. bis 27. Februar liefen vierzehn Performances, eine Ausstellung, eine Videoinstallation, zwei Diskussionen und jede Nacht eine Party.

Tragfähige Zukunft

Am diesjährigen "Gibanica" überrascht, dass sich die slowenische Tanzszene ihrer Vergangenheit wertschätzend versichert und gleichzeitig zielorientiert an einer tragfähigen Zukunft baut. So diskutierte man im Kunstministerium konstruktiv über das geplante Tanzhaus, ein Projekt, welches ohne jahrzehntelange zähe Aufbauarbeit undenkbar, wäre. Unter diesem Blickwinkel ist auch die zunehmende Rekonstruktionsarbeit exemplarischer Produktionen der 70er-Avantgarde zu verstehen. Wenn Joica Avbelj in "Monument G2" von Janez Jana und Duan Jovaniovi am Rücken liegend gurrende Laute ausstößt oder frontal zum Publikum die Haut in ihrem Gesicht verschiebt, um in amateurhaft wirkender Ernsthaftigkeit ihre Ausdruckmöglichkeiten fernab vom literarischen Drama auszuloten, so berührt dies zutiefst. Denn auf diesen radikalen Selbsterfahrungsexperimenten beruhen schlussendlich die schrägen, zeitgenössischen Performances der Gegenwart.

Die dreiköpfige Jury von "Gibanica" favorisierte heuer bewusst aus den über sechzig Einreichungen jene Produktionen, die Geschichten erzählen. Zu sehen gab es Nachwuchsstücke, Arbeiten von Arrivierten, Solis, Pas de deuxs, Ensemblewerke sowie In- und Outdoor-Veranstaltungen, alle auf hohem Niveau. Besonders gelungen ist "Baga-Basta" der wahlslowenischen Tänzer Milan Tomásik und Alexander Gottfarb sowie des österreichischen Cellisten Stephan Sperlich, in dem die drei ihre Männlichkeit sensibel hinterfragen.

"Gibanica", der klingende Name des Festivals, bezeichnet die slowenische Dessertköstlichkeit des "Wackelstrudels" aus Nüssen, Topfen, Apfel und Mohn. Eine treffende Wahl, denn auch das Festival war vielschichtig, professionell zubereitet und höchst schmackhaft.