Am Anfang war der Klang. So beschreibt es jedenfalls die altindische Mythologie. Paradoxerweise gelingt es Alonzo King mit seiner gleichnamigen Kompanie die Theorie vom Schallsignal als Ursprung der Welt dingfest zu machen.

Nun, der afroamerikanische Choreograf aus San Francisco verwendet nicht irgendeinen Klang, sondern kooperiert in seinem zweiteiligen, zeitgenössischen Ballettabend mit renommierten Musikern. In "Refraction" (Lichtbrechung) verarbeitet er eine Komposition des US-amerikanischen Jazz-Pianisten Jason Moran, in "Rasa" (Stimmung) interpretiert er den Sound des indischen Percussionisten Zakir Hussain. Von seiner zehnköpfigen Kompanie wird King ebenbürtig unterstützt. Die körperliche Virtuosität der Tänzerinnen und Tänzer lässt dem Publikum den Atem stocken. Ihre rasanten Pirouetten, ausgefallenen Sprünge und komplexen Schrittkombinationen sehen aus als wär's ein Kinderspiel – berauschend biegsam, federleicht und bombensicher in der Ausführung.

Geborgenheit und Erdung

Licht- und Bühnendesign tragen auf subtile Weise zum Erfolg des Abends bei. So beleuchtet Axel Morgenthaler in "Refraction" ausschließlich den Boden mit wechselnden, grünlichen Spots. Das in Halbschatten getauchte Ensemble durchtanzt die Lichtkegel, als würden diese nicht existieren und wirkt dadurch durchsichtig und zerbrechlich. Die Bühne von "Rasa" (Robert Rosenwasser) ist in sinnliches, rotes Licht (Alain Lortie) getaucht. Begrenzt von einer abstrakten Projektion, die an glühende Baumstämme eines glosenden Waldes erinnert, entsteht ein Effekt aus Geborgenheit und Erdung. Entsprechend den spirituellen Wurzeln der indischen Musik ist die Bewegungssprache in "Rasa" mehr der harmonischen Linie des klassischen Balletts verpflichtet als in dem mit Jazzdance-Elementen durchwobenen ersten Stück "Refraction". Insgesamt widerlegt Kings innovativ-abstrakte Choreografie den verstaubten Ruf US-amerikanischer Kompanien.

Dem Kultur- und Kongresszentrum "Cancarjev dom" sind Aufführungen von derlei Qualität zu verdanken. Seit Mitte der 1970er-Jahre erfüllt es vorbildlich seinen kulturellen Auftrag nach Teilhabe an internationalen Kunstentwicklungen. Zu den kommenden Tanz-Highlights der Saison zählen die heuer beim Wiener Impulstanz gezeigte Arbeit der Französin Mathilde Monnier "Pavlova 3'23" sowie die beim Berliner "Tanz im August" zu Gast gewesene Produktion "Tempest. Without a Body" des Neuseeländers Lemi Ponifasio.

Alle Tickets sind ungewohnt preisgünstig, ein begrüßenswertes Relikt aus der kommunistischen Ära Jugoslawiens, wo hochwertige Kunst für alle leistbar war. Die Veranstaltungen sind einzeln oder im Abonnement buchbar.