Herr Aberer, Sie waren der Star bei der Castingshow "Helden von Morgen", haben auch selbst vollmundig erklärt, sie werden gewinnen. Jetzt sind Sie draußen. Was ist passiert?

LEO ABERER: Ganz einfach: Die Verträge waren eine Frechheit. Über den genauen Inhalt darf ich nichts sagen, aber ich hätte mich längerfristig binden müssen, mich dem ORF und Sony Österreich verpflichten sollen. Das geht aber nicht. Da ich ja ein eigenes Label habe.

Warum sind Sie dann überhaupt eingestiegen?

ABERER: Ich halte von Castingshows eigentlich nichts, aber ich habe gedacht "Helden von Morgen ist anders und bietet mir eine Plattform. Nach außen hin wurde das zuerst so dargestellt, als würde man endlich einmal gute Musiker suchen. Jeder darf seine eigenen Songs spielen und so. Das war aber nicht der Fall. Es ist ärger als bei Starmania: Da werden die Teilnehmer noch zu Hause gefilmt, müssen drei Monate zusammen leben, haben kein freies Wochenende. Wie bei Taxi Orange. Aber ich bin ein erwachsener Mensch. Wie soll das gehen? Außerdem habe ich ja Auftritte, muss meine Songs promoten, brauche Urlaub.

Das Geld hat auch gelockt?

ABERER: Klar waren die 100.000 Euro Siegerprämie verlockend. Aber wie gesagt: Ich konnte da nicht mitmachen.

Ist Ihr Auftritt doch nur ein PR-Gag ihrerseits gewesen?

ABERER: Nein, ich wollte wirklich mitmachen und gewinnen.

Sie haben sich dafür aber als Bad Boy präsentiert...

ABERER: Die haben einen ganzen Tag bei mir zu Hause gefilmt, und hätten mich als netten Buben von nebenan zeigen können. Wollten sie aber nicht. Zugegeben, ich war bewusst provokant. Aber es war auch schwierig für mich: Ich war der älteste unter den Teilnehmern und hätte die Show natürlich gewinnen müssen. Sonst hätte ich meine Ehre verloren. Im Nachhinein betrachtet hätte ich aber keine Chance gehabt. Trete ich bei einer Castingshow auf, ist das wie Brasilien gegen Liechtenstein. Ich bin Brasilien und alle sind gegen mich, weil sie für den Underdog, für Liechtenstein, halten. Da kann ich ja nur verlieren.

Bleibt also ein schaler Nachgeschmack?

ABERER: Wir gingen nicht im Zorn auseinander. Die wollten mich ja auch unbedingt in der Sendung haben, haben mir ja auch viel Sendeanteil gegeben. Alle waren sehr nett. Und zum Abschluss haben sie mich noch gebeten, so arrogant wie möglich aufzutreten.

Was auch gelungen ist.

ABERER: Ja und das hat mir echt geschadet.

Inwiefern?

ABERER: Allein am Tag nach der ersten Sendung meldeten sich 40 Facebook-Freunde von mir ab. Ich bekam erboste Mails. Meine Sympathiewerte sind durch die Sendung extrem gesunken.

Weil Sie Christine Stürmer attackiert haben?

ABERER: Ich hab nur gesagt, Leute wie sie und der Sido können bei mir Musikunterricht nehmen. Das stimmt ja auch. Da gibt's Leute auf Jazzhochschulen, tolle Musiker in ganz Österreich, stattdessen werden durch Castingshows irgendwelche Würsteln gefördert. Niemand traut sich was gegen unseren Protektionismus zu sagen, aber bitte Christine Stürmer schafft es mit einem Lied fünfmal in Ö3.

Sie selbst sind auch auf Ö3 ...

ABERER: Gott sei Dank ja. Ich bin auch einer von drei Prozent der heimischen Musiker, die von der Musik leben können. Gerade habe ich meine aktuelle CD "I hob di liab" präsentiert. Auch in Dominic Heinzls "Chili" wurde sie vorgestellt.

Sie waren in Castingshows, in "Das Match", im Society-Format: Kriegen Sie nie genug?

ABERER: Ohne ORF geht in Österreich gar nichts. Ich bin jetzt zehn Jahre lang Musiker und keine Sau kennt mich. Ich war immer nett und brav. Damit ist jetzt Schluss.

Sie kamen auch vor den Wahlen ins Gerede, weil sie nahezu für alle Parteien sangen ...

ABERER: Ich kann es mir nicht leisten, wählerisch zu sei. Manche warfen mir vor, kein Rückgrat zu haben. Ich weiß nicht, was dagegen spricht für alle Parteien zu singen. Die sind ja zugelassen. Ich bin vier Monate im Jahr im Ausland, ein weltoffener Mensch. Da kann mir keiner was vorwerfen.

Wie geht's jetzt weiter?

ABERER: Ich will für Österreich zum Song Contest. Ich hoffe, da auf einen großen TV-Wettbewerb, und dass der ORF das so medienwirksam aufzieht wie Stefan Raab in Deutschland.

Apropos Deutschland: Ist der deutsche Markt ihr Ziel?

ABERER: Mein Ziel ist eigentlich der österreichische Markt. Und da werde ich mit Provokation pur auffallen. Zum Beispiel mit dem dritten Teil meines "Wann geda"-Hits. Darin geht es um Erektionsprobleme und mein Zusammentreffen mit einer Nutte. Aber es wird heuer auch noch einen Weihnachtssong geben.

So etwas wie "Last Christmas"?

ABERER: Das nehme ich mir jedes Jahr vor, aber ich schreibe leider zu Weihnachten immer die schlechtesten Songs.

Wie lange werden sie jetzt noch die Castingshow-Wunden lecken?

ABERER: Gar nicht. Ich hab' meine Lehren daraus gezogen, bin jetzt nicht mehr der Brave, sondern ein österreichischer Eminem.