Von der Ausschöpfung aller Möglichkeiten handelte das kammermusikalische Gipfeltreffen am Samstag in der Stiftskirche. Das Mandelring- und das Minetti Quartett führten Darius Milhauds Streichquartette im Oktett zusammen und sorgten für eine Sensation.

Die Uraufführung von "Laudes", einem Streichsextett des Österreichers Edwin Baumgartner, führte angenehm unspektakulär in den Abend. Tastend wurden Konstellationen der musikalischen Elemente erschlossen, die sich paarweise zusammenfügen und immer weiter drehen. Dieses kombinatorische Reihum geschieht ähnlich wie in der "Minimal Music" anhand kleinster Abweichungen und Wiederholungen. In ihren schönsten Passagen finden die Stimmen in Janácekscher Lyrik zusammen.

Richard Strauss' Streichsextett aus seiner Oper "Capriccio" war schon eher ein Zwischenspiel, in dem Kammermusik und Orchester eine faszinierende Symbiose eingehen.

Der Höhepunkt dann Milhauds Streichoktett. Weit davon entfernt, dass die beiden Quartette kontrapunktisch nur "zusammenpassen", offenbart sich im Oktett ihr voller Telos. So kompositorisch größenwahnsinnig das auch klingt, so gewaltig dann das tatsächliche Hörerlebnis. Wie Thomas Daniel Schlee in seiner Einleitung betonte, werden hier nicht einfach die Stimmen addiert, sondern vielmehr potenziert. Milhaud scheint zu vollenden, wo uns Baumgartner langsam hinführte: eine erschöpfende Kombinatorik musikalischer Stimmführung. Das Ergebnis war ein absolut eigenständiges Werk in einer atemberaubenden Interpretation der acht Musiker.

Nach dieser komplexen Kontrapunktik klang Mendelssohns Oktett in Es-Dur op. 20 wie neu erfunden. Meisterhaft, wie die Streicher hier ein volles Orchester imitieren. Folgerichtig gab es trotz langem Applaus keine Zugaben. Alle Möglichkeiten waren ausgeschöpft.