Die Nachricht von der Sexaffäre um den ehemaligen Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, fiel vor drei Jahren mitten in das Festival von Cannes. Für einige Minuten hörte auf der Croisette auf, sich alles um Film zu drehen. Am gestrigen Samstag war das Thema wieder präsent: Abel Ferraras Film "Welcome to New York" über die Causa feierte am Rande des Festivals Weltpremiere.

Der US-Regisseur hat für die Leinwandadaption des Stoffes Gerard Depardieu für die Hauptrolle gewinnen können. Dieser verkörpert den Direktor einer internationalen Organisation, der nach dem Vergewaltigungsvorwurf eines New Yorker Zimmermädchens seinen Job verliert und damit die Aussicht verspielt, zukünftiger Präsident von Frankreich zu werden. Seine Frau Simone, gespielt von der Britin Jacqueline Bisset, stammt aus einer reichen Familie und kauft ihn gegen eine Kaution von einer Million Dollar (700.000 Euro) frei. Der Strafprozess wird jedoch wegen Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Frau eingestellt.

Ferrara hat in "Welcome to New York" ganz offensichtlich den damaligen Sexskandal um Dominique Strauss-Kahn verarbeitet, der für die Wahlen 2012 als aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat der Sozialisten gegen Nicolas Sarkozy galt. Die US-amerikanische Polizei hatte den Politiker am 14. Mai 2011 wegen versuchter Vergewaltigung eines Zimmermädchens in New York verhaftet. Für den Film wurden nur die Namen der Protagonisten geändert.

Der Streifen war am Samstag wichtigster Gesprächsstoff. Nicht nur wegen des Inhalts. Das Drama kommt nicht auf den Markt, sondern ist nur im Internet als Video on Demand zugänglich. Die Vorführung fand am späten Samstagabend in einem Kino in Cannes statt und vor rund 200 ausgewählten Journalisten in einem Edelrestaurant auf dem Strand. Zu der anschließenden Pressekonferenz war die ganze hochkarätige Crew gekommen: Depardieu und Bisset, Ferrara und Vincent Maraval, der Chef der französischen Produktionsfirma Wild-Bunch, einer der bedeutendsten Produzenten Frankreichs.

Film sollte verhindert werden

Von allen Seiten hagelte es Fragen. Vor allem wollte man wissen, ob Dominique Strauss-Kahn und seine Frau Anne Sinclair, Journalistin und Enkelin eines bedeutenden jüdischen Kunsthändlers, versucht hätten, gegen den Film gerichtlich vorzugehen. "Das werden sie vielleicht jetzt tun, wenn sie den Film gesehen haben", antwortete der 62-jährige Regisseur.

Zuvor wurde in Frankreichs Presse jedoch laut, dass seine einflussreiche Frau - das Paar lebt mittlerweile getrennt voneinander - gedroht habe, den Film mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern. Wild-Bunch-Chef Maraval hat in einem Interview der französischen Sonntagszeitung "Le Journal du Dimanche" von vergangener Woche angedeutet, dass Cannes womöglich einem gewissen Druck durchaus nachgegeben habe.

"Das war ein toller Dreh"

Der Film beginnt mit Sexszenen im Hotel. Devereaux und einige seiner Freunde vergnügen sich mit Prostituierten in einem Hotelzimmer. Es fließt reichlich Champagner, und Devereaux begrabscht Busen, leckt Sahne von knackigen Hintern ab und lässt sich oral befriedigen. Die Szenen wirken plump und peinlich. Etwas interessanter wird es erst, als der Film seinen Protagonisten im Gefängnis zeigt und im frei erfundenen Dialog mit seiner Frau Simone. Hier beginnt der fiktive Teil des Films, der versucht, die Person Devereauxs und seine Beziehung zu seiner Frau zu erfassen.

Depardieu hat der Dreh des Films jedenfalls viel Spaß bereitet. "Das Thema vereint alle Elemente einer Shakespeare-Tragödie, nämlich Sex und Macht. Das war ein toller Dreh", sagte der französische Star am Rande des Filmfestivals in Cannes. Er bewundere den Mut des Regisseurs und des Produzenten, einen solchen Film zu drehen.