Leon, der Held Ihres neuen Romans, wächst in einem Altersheim auf. Nicht gerade der perfekte Ort für eine Kindheit, oder?

LYDIA MISCHKULNIG: Leon ist ein Avantgardist. Er lebt unter Alten, wie wir es auch bald tun werden. Die österreichische Gesellschaft ist alt. Er hat eine alleinerziehende Mutter, die als Altenpflegerin arbeitet und ihn für ein paar Monate zur Arbeit mitnimmt. Er wird nicht gelangweilt herumsitzen. Er erlebt diese sonderbare Welt der Verlust-Gehenden auf seine Weise. Darin wohnt auch ein Zauber inne, den er selbst nicht begreift. Er schließt Freundschaft. Aber nicht für lange. Das Untote zeigt sich ihm, die Lust, der Genuss, die Leichtigkeit, und sogar die Freiheit, wenn auch durch Leidenschaft und Exzess diese zur Gleichgültigkeit gebrochen, von ihm erst in den Griff gekriegt werden muss.

Er begegnet im Kindesalter jener Frau, die er ein Leben lang begehren wird. Ist Leidenschaft die logische Antwort auf den Tod?

MISCHKULNIG: Es scheint mir eher zu sein, dass Leidenschaft nicht logisch ist. Sie ist hitzig und verbrennt. Aus Angst vermutlich, oder Wut, oder Zuneigung. Also nicht wohlwollende Liebe, sondern vereinnahmendes Verlangen. Jedenfalls ist Leidenschaft das Gegenteil von Gleichgültigkeit.

Sie sind auch wieder Gast bei der am Donnerstag startenden Leipziger Buchmesse. Wie wichtig ist die Präsenz bei so einem literarischen Großereignis?

MISCHKULNIG: Es gehört dazu. Und ich treffe meine Verlags-Kollegen, Autoren, Lektoren und alle, die an meinem Buch mitgearbeitet haben. Das ist der schöne Anteil. Die Masse der Bücher ist zwar erschreckend, aber es ist auch gut zu sehen, dass die Welt nicht untergeht, solange es Autoren gibt. Damit meine ich selbstverständlich Autorinnen!

Sie betreiben mit Sabine Scholl das Textunternehmen "Tinternational". Was könnte ich bei Ihrem Unternehmen bestellen?

MISCHKULNIG: Sie können bei uns Texte aller Art bestellen. Wir prüfen dann und machen ein Angebot.