GRAZ. Heute öffnet sich an diesem Ort die ganze Welt. Damals schloss sich am Thalerhof hinter Tausenden das Lagertor.

30.000 Menschen wurden von 1914 bis 1917 durch das Internierungslager Thalerhof nahe dem heutigen Flughafen geschleust, fast 1800 von ihnen verloren dabei ihr Leben. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, stellte das k. u. k. Imperium die galizischen Ruthenen unter den Generalverdacht des Verrats an die Russen. Die Folge: Verschleppung nach Niederösterreich, Oberösterreich und in die Steiermark.

Der "Thalerhof" war eines der größten Deportiertenlager - und eines der schlimmsten. Im ersten Winter 1914/15 starben vor allem Alte, Frauen, Kinder - durch Übergriffe ihrer Bewacher, an Hunger, Kälte, Typhus oder Ruhr, "während ihre Söhne, Männer, Väter für den Kaiser an der Front standen", erzählt der Historiker Philipp Lesiak, der 2008 im Auftrag des Verteidigungsministeriums mit Nicole-Melanie Goll und Georg Hoffmann die Ereignisse erstmals wissenschaftlich aufgearbeitet hat. In Österreich war die Existenz des Lagers jahrzehntelang vergessen - obwohl in Flughafennähe in Feldkirchen eine "Lagerstraße" daran erinnert. In Teilen Polens und der Ukraine aber steht "Thalerhof" noch heute für die Grausamkeiten an den Ruthenen. Nun hat der polnische Autor Andrzej Stasiuk im Auftrag des Grazer Schauspielhauses ein Drama über das Lager und seine Folgen verfasst: "Ich bin ein abergläubischer Slawe und glaube an Geister ... Ich lausche, was sie zu sagen haben", verrät Stasiuk vorab über das Stück, über die unvermeidliche Erinnerung. UB

Thalerhof. Uraufführung am 27. September, 19.30 Uhr, Schauspielhaus Graz. Nächste Termine: 2., 3., 12., 22. Oktober. Karten: (0 31 6) 8000.