Erster Sex und Folter bestimmten den Auftakt im Rennen um die Goldene Palme 2013. Wenn auch nicht im selben Film: Frankreichs Wunderkind Francois Ozon, seit "Swimming Pool" (2003) nicht mehr im Hauptwettbewerb vertreten, hinterfragt in "Jung und schön" den Einfluss von Pornografie und Internet auf junge Menschen. Nach der Entjungferung im Sommerurlaub wird eine 17-Jährige daheim in Paris zur Prostituierten, aber nicht aus Geldnot, sondern auf der Suche nach sexueller Erfüllung - so wie sie in Pornos vorgegaukelt wird. Ein hoch interessanter Ansatz mit einer grandiosen Newcomerin, die wohl eine große Karriere vor sich hat: Marina Vacth. Im Vergleich zu seinem letzten Kinoerfolg "In ihrem Haus" macht es sich der 45-Jährige in seiner filmischen Komposition mit einer Lösung aber allzu leicht: Er sucht in den Schlussbildern gar keine Antwort. "Ich wollte einfach über das Erwachsenwerden erzählen, das meiner Meinung nach vom französischen Film bisher viel zu sehr idealisiert wurde", erklärt Ozon, "es ist keine gesegnete Zeit, sondern eine Periode voller Krisen, die einen desillusioniert!"

Preisverdächtiger bei der von Steven Spielberg und Oscar-Kollegen Ang Lee ("Life of Pi") dominierten Jury ist der mexikanische Wettbewerbsbeitrag "Heli", der aufgrund brutaler Szenen für Raunen im Kinosaal sorgte. Amat Escalante bringt ungeschminkt das heutige Mexiko auf die Leinwand - Drogenhandel, Korruption, "selbstverständliche" Gewalt. Ein erschütterndes Zeitdokument, das keinen Silberstreifen am Horizont beschwören kann.

Und worauf wird Jurymitglied Christoph Waltz im Bewerb achten? "Ich beschreibe das Finden der Cannes-Sieger als Ergebnis der Arbeit zwischen einem Patienten und seinem Psychoanalytiker", sagt der Österreicher auf seine typische Art. Die Arbeit hat begonnen!