Er spielte schon den Roy Black und in der "Entführung des Richard Oetker". Auch in "Tatort", "Derrick" und "Der Alte" trat er öfters auf. Doch der Durchbruch kam für den in Wien geborenen Christoph Waltz erst mit seiner Glanzrolle als diabolischer SS-Offizier in "Inglourious Basterds" von Quentin Tarantino. Für diese Rolle bekam Waltz 2010 den Oscar. Für seine Bravourleistung als coolen Kopfgeldjäger in Tarantinos Sklavendrama-Western "Django Unchained" ist Waltz bei den Golden Globe Awards, die in der Nacht auf Montag in Los Angeles verliehen werden, nominiert.

Sie verdanken Quentin Tarantino Ihre internationale Karriere, wie war nun der zweite Streich mit ihm in "Django"?

CHRISTOPH WALTZ: Wenn einem so ein Angebot auf einem silbernen Tablett serviert wird, kann man vor Freude und Seligkeit eigentlich nur in die Knie gehen. Der Gipfel ist ja schon erreicht, wenn man mit jemandem, der auch noch ein Freund ist, so was machen kann.

Sie waren der Einzige, dem Tarantino bereits in der Phase des Schreibens das Drehbuch gegeben hat, hatten Sie damit auch Einfluss auf den Stoff?

WALTZ: Es stimmt, dass Quentin mir bisweilen die gerade frisch ausgedruckten Seiten des Drehbuchs zu lesen gab. Es stimmt allerdings nicht, dass ich Einfluss auf den kreativen Prozess hatte. Tarantino schreibt von Hand Tausende von Notizen. Die fasst er zusammen und korrigiert sie wiederum von Hand. Irgendwann tippt er alles in einen alten Computer, und ich bekam diese Blätter tatsächlich direkt aus seinem Drucker. Das habe ich als großes Kompliment verstanden.

Cowboy und Indianer ist ein beliebtes Kinderspiel, ist mit diesem Western ein Traum für den professionellen Schauspieler in Erfüllung gegangen?

WALTZ: Nein, ich war nie ein großer Western-Fan. Wobei mir die Spaghetti-Western näher waren als die ganzen Klassiker, schon allein deshalb, weil ich in dieser Zeit aufgewachsen bin und diese Plakate ständig in den Kinos hingen. Als ich endlich alt genug war, um "Spiel mir das Lied vom Tod" sehen zu dürfen, war ich danach völlig geplättet. Damit war ich eine Woche beschäftigt. Nicht unbedingt wegen der Gewalt, sondern wegen dieser epischen Form von Kino.

Wie geplättet ist man denn von der Tarantino-Welt, wenn man darin arbeitet?

WALTZ: Das ist eigentlich jedes Mal der Fall, wenn man sich von Berufs wegen auf jemanden einlässt. Das Prinzip funktioniert so, dass einer den Ton angibt und die anderen sich in dessen Welt begeben. Dass das immer so aufregend und inspirierend ausfällt wie bei Tarantino, kann man allerdings nicht behaupten.

Im Unterschied zu Deutschland, wo es eine Aufarbeitung der historischen Schuld des Nationalsozialismus gegeben hat, scheint das Thema Sklavenausbeutung in Amerika eher tabu?

WALTZ: Von unserer Erfahrung auf völlig andere kulturelle Zusammenhänge zu schließen, hielte ich für einen großen Irrtum. Wir können das weder vorschreiben noch beurteilen noch einfordern. Das muss eine Gesellschaft aus sich heraus leisten. Bei uns ging das ja auch nicht alles so freiwillig, bis in die 60er-Jahre waren Justiz und Behörden mit Nazis besetzt, die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit wurde quasi erzwungen. Die Amerikaner müssen damit selbst zurechtkommen. Wirkungsvoll scheint mir, wenn prominente Stimmen wie Tarantino dazu auffordern, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Sie leben mittlerweile in Los Angeles, haben Sie in Amerika Erfahrungen mit Rassismus gemacht?

WALTZ: Nein, ich habe mit Rassismus überhaupt keine Erfahrungen gemacht. Möglicherweise, weil es für Weiße sehr viel leichter zu vermeiden ist als für Schwarze. Allerdings bin ich auch keinem Rassismus begegnet, der Schwarze getroffen hätte. Wobei ich mir keine wirkliche Meinung darüber erlauben kann, weil die Distanz einfach zu groß ist. Wir wissen das intellektuell, aber wir haben kein Gefühl dafür, was es tatsächlich bedeutet.

Was vermissen Sie am meisten aus Ihrer Heimat?

WALTZ: Die Jahreszeiten! Es fehlt einem schon, wenn der Unterschied der Jahreszeiten so minimal ist, dass er fast nicht mehr wahrnehmbar ist. Vor allem vermisse ich die lange Dämmerung in den Sommernächten - die gibt es in Los Angeles nicht, dort geht um 19 Uhr das Licht aus.

Können Sie dort immerhin ein unbeschwerteres Leben als Prominenter führen, weil es etliche davon gibt?

WALTZ: Ich fürchte, das idealisieren Sie. Wenn hierzulande meine Kinder von Paparazzi fotografiert werden, kann ich das gerichtlich untersagen. In Amerika aber würde mich jeder Richter auslachen.