Keiner hat es eilig, ins stickige Burgtheater zu kommen, denn dann heißt es, viereinhalb Sunden zu verweilen. Nur die Akteure von Jan Fabres Truppe Troubleyn sind schon da, statisch mit dem Rücken zum Publikum, in schwarze Hosenanzüge gekleidet. Allmählich hätte das Publikum gern einen Anfang, aber Jan will noch nicht. Der sitzt am Lichtregiepult und genießt es, noch ein wenig Langeweile zuzumuten. Und so sind wir schon mitten in Jan Fabres Theater der Zumutung.

Ganz langsam verändert sich das Tableau, die Akteursreihe löst sich auf und schon applaudieren nostalgische Fabre-Fans, immerhin hat das Werk "The Power of Theatrical Magic" 28 Jahre auf dem Buckel. Es stammt aus der Hochzeit des postdramatischen Theaters, jenseits von Handlung, und war von Anfang an ein Erfolg. Mit jungen Leuten unternahm er eine Neuinszenierung.

So brüllen die Akteure ständig Jahreszahlen wie "1888 Tschechows Möwe" oder "1928 Brechts Dreigroschenoper". Paare haben sich gebildet, die Männer stoßen die Frauen von der Bühne. Sie rappeln sich wieder hinauf, nur eine schafft es nicht und wird von ihrem Partner daran gehindert, weil sie die Antwort auf seine Frage "1876?" nicht geben kann. Ein Kampf beginnt, er jagt sie und schlägt sie. Das ist das Stichwort für manch politisch korrekten Zuseher: "Unglaublich! Widerlich! Das ist keine Kultur!" Darauf ein anderer: "Geh nach Hause!"

Nach gefühlten 30 Minuten endlich die Erlösung und sie antwortet: "Ring des Nibelungen." Ein neues Bild, zwei Männer ziehen sich aus und nehmen Posen ein wie griechische Statuen. Sie erhalten je eine goldene Krone aufgesetzt und beginnen inmitten des Physical Theatre der anderen, miteinander zu Wagners Musik Tango zu tanzen.

Nacktheit ist stets ein Fabre-Thema, und ständig ziehen sich alle Akteure komplett aus und wieder an, langsam und ohne Koketterie. Auch Komik ist dabei, wenn etwa die Akteure hecheln und japsen wie Hunde, ewig lang, dann brüllt das Publikum vor Lachen.

Mut zur Lücke ist angesagt, denn offizielle Pausen gibt es nicht. Jeder kann auf einen Drink gehen und wieder kommen nach Belieben.

Am Ende Begeisterung bei den immer noch zahlreich Verbliebenen und vielleicht am meisten bei Jan Fabre selbst, der seinem Jugendwerk und den famosen Darstellern heftig applaudiert. Für die nächste Neuinszenierung Fabres, "This is theatre like it was to be expected and foreseen", sollte man sich vorher ausschlafen. Die dauert acht Stunden. Jan Fabre/Troubleyin : "This is theatre ..." 21. Juli 21.00 bis 05.00 Uhr, 22. Juli 19.00 bis 03.00 Uhr MuseumsQuartier Halle G Karten: 01 51444 - 5416 www.impulstanz.com