Sein Vater Friedrich Gulda war Gründungsvater des "Alten Musikforum" Viktring, das ab 1968 in Stift Ossiach und dann 1972 und 1973 im Stift Viktring mit dem weltweit ersten Improvisationsfestival für Aufsehen sorgte. Sohn Paul Gulda, ebenfalls Pianist und längst aus dem Schatten des weltberühmten Vaters getreten, kommt heuer erstmals für einen Workshop (10. bis 17. Juli) zum Musikforum. Derzeit schreibt er an einer Biografie des Vaters.

Sie haben sich in den letzten Jahren intensiv mit Ihrem Vater auseinandergesetzt. Haben Sie Seiten an ihm entdeckt, die Ihnen noch völlig unbekannt waren?

GULDA: Ja, sogar ziemlich viele. Darunter auch sehr weiche, verwundbare Seiten. Träume und Hoffnungen, und große Leistungen, mit Kraft und Begeisterung realisiert.

Wie, glauben Sie, hat er Sie als Musiker und als Mensch geprägt?

GULDA: Er hat mich wohl durch seine vorbildliche Konzentrationsfähigkeit und seine Unbedingtheit geprägt und ermutigt, nach meinem eigenen Weg, meinem eigenen Ton zu suchen. Als Mensch leider vor allem dadurch, dass er zwar existierte, aber sich im Grunde entzogen hat. Also wir haben ihn gekannt und trotzdem nichts erfahren. Aber ich glaube, das geht viel zu vielen Kindern und Vätern so, nicht nur den sogenannten "Großen".

Sie haben angeblich einmal erzählt, dass Ihre erste bewusste Erinnerung an Ihren Vater als Musiker mit dem Musikforum Viktring einsetzt. Ist das richtig?

GULDA: Ja, ich wusste zwar von seinem Beruf, war auch sicher schon vorher in Wien im Konzert. Aber Viktring 1973 steht mir als Erstes vor Augen: der Protest aus dem Publikum über die freie Improvisation, und dann Bach am Clavichord, auf der Holzbühne, bei strömendem Regen umringt von jungen Hippies.

Eine Legende erzählt, dass Ihr Vater einst in Ossiach einen Flügel in den See geschoben und sozusagen mitten in Fluten darauf gespielt habe.

GULDA: Ich habe viele Gespräche mit Zeitzeugen in Kärnten geführt: aber das tauchte nie auf. Sessions mit der Blockflöte am Steg in den See hinaus, das schon, da gibt es auch ein Foto. Ungewöhnlich genug, nicht? Wahr ist, dass er einmal ein Clavinova in den Attersee geworfen hat, aber nicht, um darauf zu spielen. Leider ging es nicht unter und wurde dann von einem Anwohner aus dem See gefischt.

Sie engagieren sich für den Verein "Re.f.u.g.i.u.s", der sich für die Aufklärung des Massakers von Rechnitz einsetzt, ein Thema, das durch Jelinek wieder stark in den Medien ist. Was hat Sie zu Ihrem Engagement bewogen?

GULDA: Jedenfalls nicht eine allfällige Medienwirksamkeit, und das denke ich auch so von Elfriede Jelinek. Wichtig aus unserer Sicht ist vor allem, dass das von unserem Verein jüngst eröffnete Museum eine neue Qualität der Vermittlung und Akzeptanz dieser Vergangenheit dort bewirkt hat. Was mich bewogen hatte, war die Unkultur des Verschweigens und Vertuschens, wie sie im Gefolge der Waldheim-Jahre evident wurde, und die heute wieder sichtbar wird. Es ist nur einigen mutigen Medien und Abgeordneten zu danken, dass die Klüngel der Mächtigen die aktuellen, irrwitzigen Korruptionsfälle und Hinterziehungen nicht einfach unter den Teppich kehren können.

Mitte Juli spielen Sie in Millstatt Mozarts 21. Klavierkonzert. Was gibt es zu diesem Werk zu sagen?

GULDA: Ich hatte eine ganz frühe Begeisterung für dieses Stück, noch als Kind. Mozart ist einer der Prüfsteine für den Musiker: locker sein ohne Fahrlässigkeit, genau sein ohne Pedanterie, singen, aber ohne falsches Opernpathos. Wenn mir da etwas gelingt, fühle ich mich dem entfernten Vater sogar plötzlich nahe, da gibt es gemeinsamen Boden.

Was wollen Sie Ihren Studenten in Viktring mit auf den Weg geben?

GULDA: Genaues Hören, Hineinhören in das Stück und sich selbst - und in der Konsequenz den ureigenen Ton finden. Schöpferisch sein, auch beim "textgetreuen" Klassik-Spiel.