Die machen jetzt so eine Art Jazz“, lässt der stets entzückte Ansager zur späten Stunde auf der Main Stage im Congress den nicht mehr ganz vollen Saal wissen. Es gab Zeiten in Saalfelden, da hätte das für Heiterkeit gesorgt. Dabei machen The Messthetics eher eine Art von rocklastiger Fusion, die mit jazzlastiger Sophistication von James Brandon Lewis garniert wird. Als Mann der Stunde in der aktuellen Jazzszene hat sich der ungemein kreative US-Tenorsaxophonist auf das Techtelmechtel mit den legendären Club-Haudegen aus Washington eingelassen und eine vielbeachtete CD gleichen Namens vorausgeschickt. Auch wenn sich Lewis mit missionarischem Einsatz die Seele aus dem Leib spielt, kann sich die Combo live nicht gerade steigern, hat die walzende Rockmaschine im Hintergrund sogar etwas Enervierendes.

James Brandon Lewis
James Brandon Lewis © PETER PURGAR

Leicht fällt es indes, die Pianistin Sylvie Courvoisier ins musikalische Zentrum des dritten Tages beim Jazzfestival Saalfelden zu verorten, zumal sich in den ersten Tagen ohnehin kein wirklicher Höhepunkt angeboten hatte. Endenwollende Akklamationen und nur eine geforderte Zugabe auf der nach wir vor unter internationaler Beobachtungen stehenden Hauptbühne werden die 44. Ausgabe des renommierten Festivals nicht zwingend in die Geschichte eingehen lassen.

Courvoisier ließ bereits im Kunsthaus Nexus mit einem hochkarätigen Trio mit Holzbläser Ned Rothenberg und Nasheet Waits (drums) einen Vergleich mit jenem von Kris Davis später auf der Main Stage zu. Während sich die meisterhafte Amerikanerin trotz all des selbstredenden Ensemblegeists innert der Band kaum von der großen Tradition des klassischen Klaviertrios lösen konnte, hat sich die Schweizer Pianistin mehr auf die Schwerpunktverlagerung innerhalb des Trios verlassen, denn auf kollektive Interkation.

Besser funktionierte indes Courvoisiers neues, mit Spannung erwartetes Sextett Chimaera, dessen kühn durchzogene Musik auf unterschwelliger Groove vom Symbolisten Odilon Redon inspiriert sei und ausgedehnte luzide Klanglandschaft erobert. Melodisch glitzernd evozierte das subtile Stimmung und Atmosphäre, in deren magische Schwankungen man sich gern hineinziehen ließ.

Brave Band ohne Feuer

„The Fire is still burning“ gab Intendant Mario Steidl zu seinem 20. Programm auf offener Bühne die Parole aus. Kein Feuer brannte indes im Brainteaser Orchestra rund um Komponist Tijn Wybenga, dem „Duke Electronington“ der holländischen Szene. Die allzu brave Band ließ aber auch so gut wie alles aus, was irgendwie nach Konzept und Opulenz klingen hätte können. Am allerwenigstens konnte sich die besondere, aufwändige Sample-Kompositionstechnik inhaltlich oder als Pointe erklären.

Gut gemeint, aber musikalisch harmlos loderte die Botschaft der US-tamilischen Sängerin Amirtha Kidambi im leicht spirituellen Fahrwasser einer Alice Coltrane dahin. Ein teils phlegmatischer Sound und rezitativer Gesang erzählten wenig überzeugend vom Bösen in der Welt, Unterdrückung, Rassismus, Kolonialismus undsoweiter. Höflicher Applaus. 

Amirtha Kidambi
Amirtha Kidambi © PETER PURGAR

Bei dem Festival mit knapp 200 Musikern in über 60 Konzerten auf dreizehn Bühnen ist die Frage nach Jazzkausalität und einschlägigen großen Namen freilich längst verstummt. Wobei mehr denn je gilt: Je kleiner die Bühne, umso größer immerhin die musikalische Herausforderung. Wie etwa bei manchen Erweckungen in der Buchbinderei, beim Brücklwirt oder gar in einem Boot, von dem aus etwa der Saxophonist Mats Gustafsson und der hervorragende Trompeter Nate Wooley zur frühen Morgenstund´ lautstark über den Ritzensee hupten.