Es gibt mindestens zwei Dinge, die vielen Menschen bei Irland in den Sinn kommen. Eine Abneigung gegen den Katholizismus, mit dem man großgezogen wurde, und eine ungesunde Vorliebe für Hopfen- und Malzgetränke. Beides davon bekam man am Samstag zu spüren, wenn man sich abends hinauf in die Kasematten begab. Flogging Molly, die irischen Nationalhelden des Rockertums, haben am Schloßberg ein ausverkauftes Sauf- und Rauffest veranstaltet. Untermalt von altertümlichem Banjo-, Fiddle-, Flöten- und Akkordeon-Gespiele wurden Moshpits angezettelt. Das Bier floss literweise. Sporadisch reichte Leadsänger und Folkgitarrist Dave King Besucherinnen und Besuchern der vorderen Reihe höchstpersönlich ein Kühles: Guinness, was sonst.

Die Band, die Mitte der Neunzigerjahre – wie könnte es anders sein – in einem Pub gegründet wurde, vermischt seither folkloristische Elemente mit punkiger Anarcho-Attitude. Ausgesprochen gut, muss man sagen. Ja, Nationalklischees bedient man ohne Ende, keine Frage, der Glaubwürdigkeit tut das in diesem Fall aber keinen Abbruch. Hinter manchem Vorurteil steckt eben ein wahrer Kern – nicht böse gemeint.

Betrunkene Schlaflieder und ein Herz für die Murmetropole

Um ungefähr 21 Uhr, die Local Heroes der Grazer Punker „Burning Flags“ hatten solide Vorarbeit geleistet, geht es sofort ans Eingemachte. Man legt, zur Überraschung der Anwesenden, gleich mit dem Song los, der einem als Erstes in den Sinn kommt, wenn man an die siebenköpfigen Folklore-Rocker denkt. „‘Cause we find ourselves in the same old mess. Singin‘ drunken lullabies“, wird der eingängige Refrain des Evergreens mit rotziger Stimme ins Mikro geplärrt. Das Publikum schunkelt begeistert mit, die Fusion aus volkstümlichen und rocktauglichen Instrumenten taugt. Aus der Kategorie „Drunken Lullabies“ (auf Deutsch: betrunkene Schlaflieder) sollte es im Laufe des Abends noch einige geben. Durchaus aber auch melancholische Nummern.

Heimische Konflikte und der verlorene Bezug zur Katholischen Kirche müssen natürlich ebenso angeschnitten werden. Dazwischen betont Bandleader Dave King immer wieder, wie schön Graz doch sei. Wiederholt fallen Begriffe wie „amazing“ oder „beautiful“. Dick aufgetragen? Durchaus. Bei all der Sympathie und unbändigen Spielbereitschaft aber verzeihlich.

Wenn am Ende mit einer Monty-Python-Hymne zum zukunftsbejahenden Abpfiff ausgeholt wird, weiß man, warum man die letzten zwei Stunden so gerne zugehört hat. „Always Look on the Bright Side of Life“: So naiv es klingen mag, in Zeiten, in denen anderen Konzerte der Terrorgefahr wegen gebremst werden, vielleicht ja das effektivste Mittel des Widerstands? Nur nicht die Lebensfreude verlieren - das haben diese irischen Rampensäue verstanden.