Das „Wirtschaftswunder“ Taylor Swift:

Taylor Swift befeuert mit ihrer Tour die Inflation in Europa. Stimmt das?

Dass sie selbst wirtschaften kann, darf man von einer Milliardärin annehmen. Vor allem die US-Tournee im Jahr 2023 hatte der Sängerin einen Geldregen beschert. Die Preise für Konzerttickets der aktuellen Eras-Tour alleine belaufen sich auf bis zu 800 Euro. Für viele ist ein Konzert mit dem Popstar die Alternative für den Sommerurlaub. Anreise, Übernachtung, Konzert, Merchandise, Verpflegung. Der Einfluss von Taylor Swift auf den Wirtschaftsstandort ist real messbar. Das zeigte eine Begebenheit in Philadelphia, wo die Notenbank die Sängerin sogar in einem Konjunkturbericht anführte. Ähnliche Berichte gibt es auch aus Stockholm, wo die Superstars Beyoncé und Taylor Swift laut Financial Times die Inflationsstatistik beeinflusst haben. Das Institut Common Sense schätzte die Konsumausgaben, die es in den USA durch Swifts Tour gab, auf 4,6 Milliarden Dollar. Das ist mehr als das Bruttoinlandsprodukt von 35 Ländern.

Die Wirtschaftsagentur geht durch die drei Konzerte in Wien von einem Wertschöpfungspotenzial von bis zu 100 Millionen Euro aus. Das Vergleichsportal Check24 stellte bei den Wiener Hotels im Mai einen Buchungsanstieg von 246 Prozent fest. Zimmerpreise wären im Schnitt um 27 Euro teurer, erklärt Sprecher Lukas Kosch. Dass eine Pop-Sängerin wie eine Großwetterfront gesamte Landstriche aus der gewohnten Verankerung reißt, ist dann aber doch etwas übertrieben. Vorübergehende Preisexplosionen für Hotels und Lokale seien auch von anderen Großevents bekannt, erklärt Wirtschaftsprofessor Richard Sturn von der Universität Graz. Es sei nicht anzunehmen, dass dadurch Inflationserwartungen befeuert werden würden. Auch wenn der durchschnittliche Fan im Kontext des Events recht viel ausgibt, müsse man gegenrechnen, dass ihm das Geld an anderer Stelle fehlt.

„Normalerweise ist der gesamtwirtschaftliche Effekt eines solchen Einzelereignisses überschaubar“, betont Sturn. Anders gesagt: Der größte Gewinn gilt nicht der österreichischen Wirtschaft, sondern Taylor Swift selbst und - in emotionaler Hinsicht - ihren Fans.

Das Polit-Phänomen Taylor Swift:

Taylor Swift ist eine Meinungsführerin, vor der die Politik Respekt hat.

Selbst Geheimagentin soll sie sein. Sie - die Frau der Superlative - Taylor Swift. Zumindest polterte Fox-News-Moderator Jesse Watters im US-amerikanischen Fernsehen über die Verflechtungen des Megastars im Pentagon. So abstrus der Vorwurf war, so viel offenbarte er über den politischen Einfluss von Swift. Denn Swifts Stimme ist auch politisch gewichtig.

Dabei mied die Sängerin lange das politische Pflaster. Doch 2018 kam es zum Outing. Swift rief in Tennessee zur Wahl des Demokraten Phil Bredesen auf. Das Ergebnis: Innerhalb von 24 Stunden wurden rund 51.000 Neuwählerinnen und Wähler registriert. Im Jahr 2020 warb Swift auch für die Wahl von Joe Biden. Und selbst die EU offenbarte im Vorfeld der Wahlen im Juni ihren Wunsch, Swift möge doch für den Urnengang Werbung machen.

Swift ist also auch eine Meinungsführerin, wie es der österreichische Soziologe Paul Lazersfeld einst in seiner Forschung beschrieb. Die Psychologie weiß: Menschen, die wir bewundern, statten wir mit einem größeren Vertrauensvorschuss aus, wir gehen davon aus, dass diese Person es gut mit uns meint und sich für uns einsetzt. Dass berühmte Menschen Parteien besser ausstatten können als millionenschwere Kampagnen es tun, zeigte in der Vergangenheit auch Talkshow-Legende Oprah Winfrey. Winfreys Unterstützung für Barack Obama während der demokratischen Vorwahlen 2008 hatte Auswirkungen. Insgesamt wird geschätzt, dass sie für 1.015.559 Stimmen für Obama verantwortlich war.

Auch wenn der Effekt von Celebrity-Endorsements umstritten bleibt: US-Demokraten verzehren sich in jedem Fall nach einer weiteren Unterstützungserklärung Swifts. Die Republikaner würden Swift fürchten: „Bevor sie anfing, sich in die Parteipolitik einzumischen, ging man davon aus, dass ihr als Sängerin, die ihre Anfänge in der Country-Musik hatte, die Republikaner eher sympathisch sein würden“, erklärt John Miles Coleman von der Universität Virginia gegenüber der Kleinen Zeitung. Das Gegenteil war der Fall. Swift ist also vielleicht doch eine Geheimagentin, wie es scheint.

Die „Naturgewalt“ Taylor Swift:

Die Sängerin ist eine eigene Wissenschaft - das weiß auch die Forschung.

Taylor Swift wird auf Schritt und Tritt verfolgt. Aber so richtig an den Fersen klebt der Sängerin ausgerechnet Jack Sweeney - und der ist nicht einmal Fan. Der milchblasse Informatikstudent hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Routen von Swifts Privatjet genauestens zu tracken. Auf seinen Accounts kann die ganze Welt Einsicht nehmen, wo Swifts Dassault Falcon 900 landet oder wie viel CO₂ er verbraucht. Vor allem aber ist die Programmierung ein seltener Einblick in das Großunternehmen Swift.

Swift wird deshalb zwar kein Zacken aus der Krone fallen. Aber der Stempel als ranghöchste CO₂-Verbrecherin der Starwelt (2022 verursachte Swift 8.300 Tonnen CO₂, also fast das 1.200-Fache dessen, was eine durchschnittliche Person im Jahr verursacht) schadet dem Glitzer-Image dennoch. Im Dezember 2023 schaltete Swift ihre Anwälte ein und sandte dem Studenten eine Unterlassungserklärung. Dass die GPS-Verfolgung von Sweeney nicht unbedingt den Fußabdruck von Swift persönlich wiedergibt, zeigt ein aktueller Blick auf seine Aufzeichnungen. Dort werden weiter Flüge in Swifts angeblichen Jet, etwa in Tennessee oder Texas dokumentiert, obwohl die Sängerin gerade für ihre Tour in Europa weilt.

Doch Taylor Swift beeinflusst nicht nur die Luft, sie löst neben kulturellen Erdbeben auch echte aus. 2023 nahmen Messungen eines Forschungsteams in Seattle während ihres Konzertes Schwingungen in der Stärke von 2,3 auf der Richterskala wahr. Besonders auffällig sei die Erschütterung bei ihrem Hit „Shake it off“ gewesen, heißt es von der ETH Zürich. Als Hauptgrund wird das gleichzeitige Hüpfen von Tausenden Fans angeführt. Nun ist es nicht so, dass die Erde nur bei Swift schwach wird. Doch haben auch die Universitäten das Potenzial des Swift-Hypes erkannt und nutzen diesen gezielt. In Melbourne wurde zuletzt ein dreitägiges Symposium im Zeichen Swifts abgehalten. Rund 60 Wissenschaftsdisziplinen erarbeiteten mehr als 400 Beiträge. Und auch an der Uni Wien kann man ab dem Wintersemester den Kurs „Blank Spaces: Taylor Swift im Spiegel soziologischer Theorien“ belegen.