Weil er Probleme am Arbeitsplatz hatte, schoss ein Züricher Anlageberater im Juli 2004 zwei seiner Vorgesetzten in den Kopf. Anschließend ging der 56-Jährige in sein Büro und tötete sich selbst. "Es ist ein großer Fehler zu sagen, das sind Einzelpersonen", konstatiert der Tiroler Kriminalpsychologe Thomas Müller. Fälle von Gewalt am Arbeitsplatz - wenn auch nicht mit tödlichen Folgen - gehen "exorbitant nach oben", sagte der Bestsellerautors anlässlich des "3. Information-Security-Symposium" am Donnerstagnachmittag in Wien.

"Work Place Violence". Bei Gewalttaten komme es immer mehr zu einer Verschiebung von öffentlichen und häuslichen hin zu Delikten am Arbeitsplatz. "Work Place Violence" reiche von Diebstahl aus der Kaffeekassa über Klau von sensiblen Daten bis hin zu tätlichen Übergriffen auf Kollegen oder Chefs. Laut einer Studie aus dem Jahr 2006 sind bereits über die Hälfte aller Unternehmen im deutschsprachigen Raum davon betroffen - Firmen mit mehr als 200 Mitarbeitern sogar zu 60 Prozent. "Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch höher", meinte Müller.

"Ort der Entleerung". Büros seien in zunehmendem Maße ein Ort der Entleerung, nicht der Erfüllung. Viele Menschen kommen mit ihrem Selbstwertgefühl nicht mehr zurecht, sagte Müller. Kommen zu andauerndem Stress auch noch persönliche Belastungen wie Todesfälle, Krankheiten oder finanzielle Sorgen dazu, braut sich ein gefährlicher Cocktail zusammen. Gemixt mit mangelnder Identifizierung der Mitarbeiter mit einem Unternehmen, etwa durch Fusionen oder rasche Umstrukturierungen, könne sich alles entladen.

Mobbing als Ventil. Ein Ventil dafür sei Mobbing. "Wenn sich Menschen selbst nicht mehr erhöhen können, unterdrücken sie andere", erklärte Müller. "Der Betrieb ist nur mehr Mittel zum Zweck". Jeder fünfte Selbstmord sei mittlerweile auf psychischen Terror durch Kollegen zurückzuführen. Zudem koste ein Unternehmen jeder derartige Fall zwischen 5.000 und 20.000 Euro. Auch "Work Place Violence" sei kostspielig: "Die Schadenssummen reichen von einigen tausend Euro bis zu dreistelligen Millionenbeträgen", rechnete Müller vor.