Immer mehr Österreicher treibt es in die Selbstständigkeit. Ein Trend, der sich seit Jahren fortsetzt. Denn obwohl im ersten Halbjahr 2011 mit 15.046 Neugründungen 1000 weniger als im Vorjahreszeitraum zu verzeichnen sind, liegen die aktuellen Neugründungen über der durchschnittlichen Gründerzahl des vergangenen Jahrzehnts. Im Gesamtjahr 2010 wurden 29.640 neue Unternehmen (ohne Personenbetreuer) gegründet, so die Bundesgeschäftsführerin des Gründerservice in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Elisabeth Zehetner.

Wunsch nach Flexibilität

Die beiden Hauptargumente für eine Unternehmensgründung sind laut Gründerservice mit jeweils über 66 Prozent: "Ich wollte das Ausmaß an Verantwortung, das ich als Angestellter zu tragen hatte, in meinem eigenen Unternehmen einbringen" und der Wunsch nach einer flexibleren Zeit- und Lebensgestaltung.

Doch abgesehen von Zahlen und Fakten: Selbstständig zu sein ist, umgangssprachlich ausgedrückt, kein Honigschlecken. Viele Gründer haben oft kein wirkliches Konzept und sehen sich so schon bald mit der bitteren Realität konfrontiert. Steuernachzahlungen, Betriebs- und Personalkosten sind dabei nur Schlagwörter. Was muss man also beachten, wenn man sein eigener Chef werden will? "Schon vor der Gründung sollte die Idee durchdacht sein. Ein realistischer Businessplan mit mindestens 3 Planjahren und einer ordentlichen Finanzierungsstruktur ist ein absolutes Muss", sagt Melanie Polzer, Leiterin des Gründer- und Unternehmerservice der Wirtschaftskammer Kärnten. Wichtig ist dabei, nicht nur die Geschäftsidee zu durchdenken, sondern auch die Wettbewerbssituation, den Finanzbedarf sowie Chancen und Risiken zu analysieren. Speziell bei der Kreditvergabe durch eine Bank ist eine offene und ehrliche Kommunikation unverzichtbar.

Ausreden zählen nicht

Zu einem gelungenen Start gehört auch kaufmännisches und betriebswirtschaftliches Grundwissen. Die Ausrede "mein Steuerberater oder Bilanzbuchalter macht das" zählt nicht, so Polzer. Als Unternehmer und Unternehmerin trage man die alleinige Verantwortung. Kaufmännisches Basiswissen ist unabdingbar. Denn so vermeidet man, über die Stolpersteine zu fallen, die im Laufe der Selbstständigkeit auftauchen. "Hier spielen Nachzahlungen an Finanzamt und Sozialversicherung, steigende Privatentnahmen und steigende Außenstände bei Kunden wesentliche Rollen", sagt Polzer.

Im Detail bedeutet das: Bei der Gründung wird durch die Gewinnschätzung an das Finanzamt zunächst die Höhe der Steuervorauszahlung selbst festgelegt. Wenn durch geschätzte Verluste oder niedrige Gewinnerwartungen diese Vorauszahlung beim Start sehr niedrig ist, so ist das zunächst angenehm. Unangenehm wird es, wenn die tatsächlichen Gewinne über den geschätzten liegen. Man muss in diesem Fall für das erste Jahr der Selbstständigkeit Einkommensteuer nachzahlen und zugleich die - auf Basis der Einkünfte des Vorjahrs - bemessene Einkommensteuer vorauszahlen. "Man sollte mindestens ein Drittel der Einkünfte daher auf ein Steuersparbuch legen", rät Polzer.

Netzwerke pflegen

Letztlich gehört auch die Arbeit am persönlichen Netzwerk zu einer erfolgreichen Gründung. Das Knüpfen neuer Kontakte und das Pflegen bestehender Beziehungen gehört zum Geschäftsalltag.