Sie sind der erfolgreichste Hundecoach im deutschsprachigen Raum. War dieser Beruf immer schon Ihr Traumjob?

MARTIN RÜTTER: Eigentlich habe ich an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert und wollte Sportreporter werden. Um mir das Studium zu finanzieren, habe ich Hunde trainiert. Und nach ein paar Semestern habe ich mich komplett für das Thema Mensch und Hund entschieden.

Was haben Ihre Eltern dazu gesagt?

RÜTTER: Meine Eltern betrachten auch heute noch jedes Tier als sinnlos, das man nicht auf den Grill legen und essen kann. Meine Mutter hat damals also natürlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Sie konnte sich darunter keinen echten Beruf vorstellen. Noch heute antwortet sie auf die Frage, was ich beruflich mache, mit: "Der ist beim Fernsehen."

Ihre Eltern haben Ihnen also nicht die Hundeliebe vererbt. Wie hat sie sich bei Ihnen entwickelt?

RÜTTER: Ich habe die Hunde der Nachbarn ausgeführt und die Hunde meiner Tante Thea ohnmächtig gekrault. Tante Thea besaß in den 80er-Jahren eine Art Pflegestelle für gestrauchelte Tiere. Und sie hatte eine außergewöhnliche Gabe: Sie konnte Hunde, die anfangs ganz normal und wunderbar waren, innerhalb weniger Wochen dermaßen verrückt machen, dass man das Haus nicht mehr betreten konnte. Mich hat damals schon interessiert, warum so viele Leute um mich herum Probleme mit ihren Hunden haben. Später habe ich dann Tierpsychologie in einer Privatakademie für Tierheilkunde in der Schweiz studiert.

Welche Voraussetzungen braucht man für den Beruf des Hundecoaches?

RÜTTER: Man muss vor allem Lust auf Hunde und Menschen haben. Denn man muss ja mit beiden zusammenarbeiten. Und eine gute Beobachtungsgabe ist entscheidend. Sonst bekommt man das, was uns die Hunde mit ihren Signalen mitteilen wollen, nicht mit.

Gibt es einen typischen Tages- oder Arbeitsablauf in Ihrem Beruf?

RÜTTER: Der typische Ablauf sieht so aus, dass es keinen gibt. Auf einen Hundetrainer warten jeden Tag neue Herausforderungen.

Haben Sie mit diesem großen Erfolg gerechnet, als Sie begonnen haben?

RÜTTER: Dass ich mal in diese Dimensionen vorstoßen würde, dass ich beispielsweise mit meiner Live-Show vor 10.000 Zuschauern auf der Bühne stehe, war in dieser Form natürlich nicht absehbar. Aber ich habe, ehrlich gesagt, schon recht früh gemerkt, dass in diesem Bereich sehr viel Potenzial schlummert und großer Bedarf besteht.

Sie haben einen sehr vollen Terminkalender. Wie lassen Sie den Stress hinter sich?

RÜTTER: Zunächst einmal empfinde ich meine Arbeit als positiven Stress. Und sobald ich meine Kinder um mich habe, ist sowieso jegliche Anstrengung vergessen.

Wie behalten Sie bei so einem Erfolg die Bodenhaftung?

RÜTTER: Ich glaube, entscheidend ist, dass mein Bekanntheitsgrad erst in einem gewissen Alter gestiegen ist. Wäre mir das alles mit 19 Jahren passiert, hätte ich das vielleicht auch schwerer verarbeitet. Bei mir ist das alles aber sehr organisch gewachsen. Und ich habe Leute in meinem Team, die kenne ich schon seit über 30 Jahren. Wenn ich nur den geringsten Anflug von Größenwahn zeigen würde, würden mich diese Jungs sofort zurechtstutzen.

Gefällt Ihnen die ganze Aufmerksamkeit?

RÜTTER: Ich nehme das meistens gar nicht so wahr. Ich fühle mich nicht als Star, der über rote Teppiche latscht. Ich bin Hundetrainer. Natürlich gibt es auch skurrile Situationen, in denen ich angesprochen werde. Ob in der Sauna oder im Urlaub im Hotelpool. Aber ich werte das als Anerkennung meiner Arbeit.

Wie gehen Sie mit Rückschlägen um?

RÜTTER: Positiv. Ich denke, das ist ganz wichtig, um sich stetig weiterzuentwickeln. Ich lasse nach Misserfolgen nie den Kopf hängen, sondern ziehe daraus die Motivation, es beim nächsten Mal besser zu machen.

Was sind die Schattenseiten an Ihrem Beruf?

RÜTTER: Gibt es die überhaupt? Ich habe meinen Traumberuf gefunden und bin dankbar dafür.

Welche Ziele haben Sie für die nächsten Jahre?

RÜTTER: Ich wünsche mir, dass meine Enkelkinder einmal sagen: "Der Opa hat dazu beigetragen, dass es auf den Hundeplätzen gewaltfrei zugeht."

Haben Sie vor, für immer Hundecoach zu bleiben?

RÜTTER: Auf jeden Fall so lange, wie es mir Spaß macht und die Hunde mich noch ernst nehmen. Irgendwann ziehe ich mich bestimmt zurück. Aber ein Leben ohne Hunde kann ich mir nicht vorstellen.