Mit sieben Jahren bekamen Sie Ihre ersten Sprungskier und besuchten das Skigymnasium Stams - hatten Sie bereits als Kind den Wunsch, Profisportler zu werden?


MARIO STECHER: Es wäre vermessen, zu sagen, ich hätte das bereits als Kind geplant. Als ich die ersten "Stamser" kennenlernte, war aber der Wunsch schon da.

Wann kann man denn entscheiden, den Skisport zum Beruf zu machen?

STECHER: So mit 15, 16 trennt sich die Spreu vom Weizen. Es geht nicht nur um die Frage, ob das Talent ausreicht, es muss auch der Ehrgeiz groß genug sein.

Gab es einen Plan B?

STECHER: Bei mir ging alles so schnell. Nach meinem ersten Weltcupsieg mit 16 habe ich eigentlich nie an einen anderen Beruf gedacht.

Was machen junge Skisportler, wenn es nicht so gut läuft wie bei Ihnen?

STECHER: In Stams kann man nach zwei Jahren auch dann bis zur Matura bzw. HAK-Matura an der Schule bleiben und die Ausbildung abschließen, wenn es für den Profisport nicht reicht.

Trotz vieler Rückschläge und Verletzungen haben Sie einmal gesagt, es werde Ihnen nie mehr so gut gehen wie als Profisportler. Woran machen Sie das fest?

STECHER: Ich werde körperlich nie mehr so fit sein wie jetzt. Und ich kann genau das machen, was mir Spaß macht, mich beim Training viel in der Natur aufhalten - das liebe ich.

Nicht zu vergessen die Anerkennung und das Hochgefühl nach einem Sieg.

STECHER: Ja, der Moment des Sieges ist sehr schön. Jeder klopft dir auf die Schulter. Aber nach dem ersten größeren Formtief weißt du, wie wichtig die Schulerklopfer sind. Und das Leben geht nach einem Sieg ja auch weiter. Meine Söhne sind deswegen nicht braver (lacht). Das Allerschönste ist aber die Zeit nach dem Training, das Gefühl nach getaner Arbeit.

Weil wir gerade beim Training sind - wie sieht bei Ihnen ein durchschnittlicher Arbeitstag aus?

STECHER: Ich trainiere sechs Tage in der Woche zwei Mal am Tag, abhängig von der Jahreszeit. Im Frühling mache ich zwischen neun und 12.30 Uhr Krafttraining, am Nachmittag stehen viereinhalb Stunden Radfahren an. Später gibt es kürzere Ausdauer- und Krafttrainingszeiten, so in etwa je eineinhalb Stunden, aber mit mehr Intensität. Am Sonntag trainiere ich nur vormittags, der Nachmittag gehört ganz der Familie.

Wie familienfreundlich ist der Profisport?

STECHER: Meine beiden Söhne sehen mich wahrscheinlich öfter, als wenn ich einen ganz normalen Beruf hätte. Wenn es darum geht, mit der Familie zu verreisen oder etwas zu unternehmen, da wird es natürlich etwas eng.

Wenn Sie an einen herkömmlichen Beruf mit Acht-Stunden-Tagen denken - wie sehr unterscheidet sich Ihre Tätigkeit davon?

STECHER: Nicht so sehr, wie man vielleicht denkt. Ich habe zwischendurch genauso viel Erholung wie in einem "normalen" Beruf. Und auch Skisportler ist man das ganze Jahr über. Die Saison geht bis in den Frühling, dann werden Skier getestet und ohne hartes Training im Sommer hat man im Winter keine Chance. Wintersportler werden im Sommer gemacht.

Die Verdienstmöglichkeiten sind, wenn sich der Erfolg einstellt, aber auch nicht zu verachten.

STECHER: Natürlich kann man gut leben, wenn man im Sport sehr gut ist. Aber jeder Spitzensportler wird Ihnen sagen, dass das nicht der Antrieb sein darf. Wenn man ans Geld denkt, wird man bald ausscheiden.

Wo sehen Sie die Schattenseiten einer Sportlerkarriere?

STECHER: Schattenseiten gibt es für mich fast keine. Wenn man allerdings etwas bis zum Exzess betreibt, leidet natürlich die Gesundheit darunter - meine Schwachstelle sind die Knie.

Nicht zuletzt deshalb muss man im Spitzensport früher ans Aufhören denken. Haben Sie schon Pläne für die Zeit "danach"?

STECHER: Man kann sich ja ausrechnen, wie lange es noch dauert, bis diese Pläne zum Zug kommen (lacht). Ich studiere Sportmanagement und interessiere mich für die wirtschaftliche Seite des Sports. Ich könnte mir auch vorstellen, meine 25 Jahre Erfahrung im Profisport in Vorträgen weiterzugeben. Allerdings würde ich gerne auch dem Sport erhalten bleiben - das "Einfachste" wäre natürlich, später als Trainer zu arbeiten.